Die Slumach – Story war mir seit 1987 geläufig. Damals hatte ich die Story in mehreren Büchern gelesen und mir zusätzlich Hinweise und gute Ratschläge bei einem honorigen Autoren eingeholt.
Im Jahr 2002 nahm ich die intensiven Recherchen auf. Nun war das Internet mit seinen Möglichkeiten eine wesentliche Informationshilfe und nach kurzer Zeit hatten meine Nachforschungen ein umfangreiches Dossier ergeben. Ende des Jahres gesellte sich Detlef Wetzeler hinzu. Wir kannten uns bereits etliche Jahre, hatten auch gemeinsame Freunde, wussten aber bis dato nichts von der eher seltenen Neigung des Anderen, zu dieser gemeinsamen Interessenssphäre.
Sein Beruf als Systemadministrator erleichterte unsere gemeinsamen Nachforschungen gewaltig. Wir kontaktierten Rob Nicholson, als vertrauensvollen Teilhaber unserer Recherchen und es begann ein intensiver Informationsaustausch. Heute kann ich behaupten, dass sich aus unseren gemeinsamen Ansichten, Meinungen und Grundsätzen eine fundierte Freundschaft entwickelte. Im Laufe des Jahres 2003 verdichteten sich unsere maßgeblichen Informationen derart, dass wir dem Geheimnis um die Goldlagerstätte sehr nahe waren. Rob bestätigte, dass die von uns ermittelte Örtlichkeit mit dem Fundort des Stu Brown identisch sei. Daraufhin planten wir eine Expedition um uns vor Ort von der Richtigkeit unserer Recherche zu überzeugen.
Wir stellten ein siebenköpfiges Expeditionsteam zusammen. Gewiss verfügten diese Leute über gewisse Fähigkeiten und ich nahm auch verhalten – optimistisch während der häufigen Trainingstage in den Ardennen ihre Bemühungen zur Kenntnis, aber den nötigen Enthusiasmus konnte ich nie feststellen und mir war aus den Erlebnissen vergangener Jahre sehr bewusst, dass ein großes Maß an Begeisterung erforderlich war, um damit in kommenden Zeiten den hohen physischen und psychischen Belastungen entgegenzuwirken. Alle erforderlichen Basisfähigkeiten wurden eingeübt und immer mehr verfeinert. Allmählich machte die erwünschte Routine sich bemerkbar und eine freundschaftliche Verbundenheit wurde unter den, bis dahin größtenteils fremden, Männern spürbar.
Ich schloss einen Vorvertrag mit einer Produktionsfirma zwecks späterer Verfilmung unserer Unternehmungen und nach der Vervollkommnung unserer Ausrüstung durch unseren Sponsor, dem Outdoormarkt Transglobe, starteten wir die Expedition bereits Mitte Juli 2003. Wegen der Unternehmungen des konkurrierenden Schatzjägers D. Friesen, hatten wir unsere Abreise um zwei Wochen früher, als ursprünglich geplant, vorverlegt. In Kanada gelangten wir über Schotterpisten und „Bushroads“ ans Ende aller Wege, an den Rand der absoluten Wildnis. Etliche Reifenpannen machten uns deutlich, dass man die Segnungen dieses „God´s Country“ nur erfährt, wenn man selber die Initiative ergreift, auch wenn die Umstände ungünstig erscheinen.
Als wir unser Basiscamp aufschlugen waren wir nur 24 Km von unserem Zielort entfernt. Der Campaufbau ging routiniert voran aber die allgegenwärtigen Mosquitos waren einigen Männern neu und nach wenigen Sekunden hörte man die ersten Flüche. Wir warfen modriges Holz in das Campfeuer um gehörigen Qualm zu erzeugen und damit zumindest in unmittelbarer Umgebung des Feuers die lästigen „Bugs“ fernzuhalten. Am nächsten Morgen gingen wir los. Detlef und ich wechselten uns halbstündlich an der Spitze ab. Jo der Kletterer, Ochsy unser Campkoch, Achim mit Seil und Machete, Willy der Geologiekundige und Sanitäter, er hatte wenige Jahre davor Deutschlands zweitgrößten Nugget gefunden. Als Letzter folgte Patrick, unser Kameramann.
Mein aufmerksamer Terrier war dabei nie mehr als zehn Meter von mir entfernt. Wir folgten bergan einem achtmeterbreiten Flusslauf welcher in der Nähe unseres Zielgebietes entsprang. Wir schlugen mit der Machete unseren beschwerlichen Weg frei. Die üppige Vegetation dieser Raincoast – Mountains erinnerte an südamerikanische Urwaldverhältnisse. Die hohe Luftfeuchtigkeit und die Tagestemperatur von weit über 30° C machte uns zu schaffen. Quälende Mosquitoschwärme umgaben uns dauernd und verdoppelten ihre Anzahl sobald wir stehenblieben. Umgestürzte Baumriesen, Sümpfe, Geäst sowie Dornen und leichtbedeckte Bodenlöcher, erschwerten unser Vorwärtskommen. Wir bewegten uns aufmerksam und sorgfältig. Schließlich drangen wir in die Heimat von Grizzlybären und Berglöwen vor. Eine zusätzliche Gefahr drohte seitens unseres Konkurrenten D. Friesen, hatte doch Rob Nicholson noch warnend erwähnt, dass Friesen mich dort draußen erschießen würde, da er jegliches Goldvorkommen als sein eigenes ansehen würde.
Dieser Fanatiker war vor einem Jahr in den Raincoast – Mountains, auf der Suche nach Slumach´s Gold, mit dem Helikopter abgestürzt. In seinen anschließenden Äußerungen bezeichnete er das Unglück als Warnung von Slumach´s Geist. Trotz aller Aufmerksamkeit verhinderte der dichte Bewuchs manchmal den Sichtkontakt zum Fluss und somit blieb eine wichtige Flussgabelung vorerst verborgen. Da beide Wasserläufe etwa aus der gleichen Richtung kamen, blieb der Fehler lange unbemerkt. Mehrere Seitenbäche wurden durchquert. Manchmal waren deren Einmündungen zwanzig und mehr Meter weit versumpft oder wegen haushoher Haufen aus entwurzelten Bäumen unpassierbar und wir mussten den Bachläufen bergauf folgen, um weiter oberhalb Übergangsmöglichkeiten zu finden.
Die Massen und die Kräfte des Schmelzwassers hatten in Jahrtausenden tiefe Schluchten gegraben. Die Vegetationsdichte begrenzte unsere Sicht kontinuierlich nach drei bis sechs Metern, somit war die Suche nach den Überquerungsgelegenheiten sehr kraft – und nervenzehrend. An diesem Tag überquerten wir zwölf Seitenbäche. Wo die vorgenannten Schwierigkeiten nicht auftraten, hatten wir Devilsclub – Felder, ein federndes Strauchgewächs welches gänzlich mit leichtlöslichen Dornen bewachsen ist, zu durchqueren. Die Stiche schmerzen mehrere Tage und entzünden sich leicht. Da die Zweige mit ca. 30° schräg aus dem Boden wachsen, bevor sie nach einem knappen Meter fast senkrecht werden, kann man die stark federnden Hindernisse nur sehr schwer niedertreten oder beiseite biegen.
Damit hatten wir alle nach wenigen Stunden lädierte Schienbeine. Das Flusstal wurde unpassierbar. Die beidseitigen Bergrücken wären von meterhohen Windbrüchen übersät und ebenfalls nicht zu begehen, also gingen wir im Berghang unserem Ziel entgegen. Die damit erzwungene, schräge Fußstellung war alles andere als komfortabel. Die Rucksäcke drückten bei dieser Gangart besonders schwer. Der „Sani“ machte mich auf Detlef aufmerksam und äußerte sich besorgt über dessen Fußprobleme. Da Detlef der kräftigste und schwerste von uns war, konnte ich mir solche Blessuren leicht vorstellen und ich sah nach ihm aber bei der langsamen Gangart und der stetigen Kletterei fiel mir an seiner Motorik nichts ungewöhnliches auf und der sture Kerl äußerte auch nichts in dieser Hinsicht, also drängte ich kontinuierlich weiter vorwärts. Nach siebenstündiger Strapaze hatten wir plötzlich freie Sicht.
Ein riesiger Windbruch lag vor uns und wir sahen die Schnee – und Gletscherkuppen des Bergmassivs, unseres Zielgebietes. Vom Studium der Luftaufnahmen kannte ich die Gegebenheiten dieses Bergmassivs und stellte enttäuscht fest, dass unser angedachter Einstieg mehr westlich lag. Hier warteten ein sechshundert Meter hoher Steilhang und eine riskante Gletscherüberquerung auf uns. Nein danke! Die ursprünglich geplante Route umging diese Hindernisse. Nach kurzer Besprechung beschlossen wir zum Basiscamp zurückzukehren, um dann erneut das Zielgebiet anzugehen.
Wir stiegen und rutschten in dem Berghang zum Fluss hinunter. Mit meinem Gewehr in den Händen, sprang ich in beidfüßigen Sprüngen den Hang hinab.
Plötzlich gab der Boden nach und ich fiel in einen Schacht. Im Moment des Sturzes muss ich wohl mein Gewehr krampfhaft festgehalten haben, denn etwa einen Meter unter der Erdoberfläche hing ich regelrecht an der Waffe. Wie ein Knebel hatten sich das Rohr und die Schulterstütze in der Schachtwand verkeilt. Unter mir war alles dunkel, um mich herum waren feuchte Erde und glitschiges Holz, über mir waren ein Loch und der abendliche Himmel Kanadas. Der nahe Fluss und ein Wasserfall rauschten und tobten derart laut, dass Hilferufe zwecklos waren. Ich stemmte meinen Rücken gegen die nasse Erde und versuchte mit meinen Füßen gegenüber Halt zu finden. Plötzlich verdunkelte sich der Lichteinfall und ich sah voller Freude meinen Terrier über mir, wie er sich staunend um meine Witterung bemühte und schließlich die ungewöhnliche Situation mit heftigem Gebell quittierte. Dann wurde es dunkel denn Detlef stand über dem Loch, groß, stur und stark. Wir griffen uns gegenseitig an den rechten Handgelenken, dann zog er mich aus meinem Verlies. Dieses Ereignis veranlasste uns zukünftig enger zusammenzubleiben, schließlich war jeder von uns solcher Gefährdungen ausgesetzt. Es dämmerte bereits als wir einen Übernachtungsplatz suchten und in einer kleinen Mulde, zwanzig Meter oberhalb des Flusses fanden. Alles um uns herum war knochentrocken. Ein Campfeuer hätte eine Brandkatastrophe auslösen können.
Es wurde neblig. Wir sahen weder Mond noch Sterne aber wir verzichteten auf die Wärme und das Licht des gewohnten Feuers.
Die Temperatur sank fast auf den Gefrierpunkt runter. In der Mulde lagen wir wie Jungtiere in einem Nest, ein lebendes Knäuel dicht aneinander, wo eine Lücke war keilte sich mein Terrier ein, um auf diese Weise von mehreren Seiten etwas Wärme zu bekommen. Beim ersten Tageslicht machten wir uns auf den Weg zurück zum Basiscamp. Unterwegs erkannte ich eine alte Goldschürfstelle welche, nach meinen Recherchen, 1944 von der kanadischen Teck Corporation erworben wurde und durch den Fortgang des Krieges eingestellt werden musste. Die Entdeckung verschwieg ich meinen Begleitern, ich wollte nicht durch längeres herumstöbern noch mehr Zeit verlieren. Sollten wir nach Erledigung unserer Zielsetzung noch über etwas Zeit verfügen, so könnten Interessierte sich ja um die Schürfstelle kümmern. Im Laufe des Tages klagte unser Geologe und Sanitäter Willy über Kniebeschwerden. Wir übernahmen seine Ausrüstung und er humpelte die letzen Kilometer mit schmerzverzerrtem Gesicht zum Camp. Zuhause wurde später ein operativer Eingriff erforderlich. Auch unser Kameramann klagte über einen verdrehten Fuß aber bereits zwei Tage danach war er wieder belastbar.
Irgendjemand hatte plötzlich die Idee, in das zwanzig Km entfernte Indianerdorf Port Douglas zu fahren, um dort irgendwo bei einem Kaffee zu pausieren.
Also fuhren wir hin. Als die Buschpiste im Ort endete sahen wir nur 5 Häuser. Nur das erste Haus schien ohne Ärger erreichbar zu sein. Alle übrigen Häuser befanden sich hinter einem unübersehbaren Schild mit der abweisenden Aufschrift: NO TREPASSING. Ich bemerkte dazu: “Ob sie hinter dem Schild Schwarzbrennen oder einfach keine Weißen mögen, egal, wir haben das zu respektieren!“ Alles blieb im Fahrzeug und ich ging zum ersten Haus. Gerade als ich an die von Rosen übergewucherte Haustür klopfen wollte, hörte ich von der Seite ein freundliches „Hi“. Ich traute meinen Augen nicht. Da stand ein Indianer, der aussah wie der französische Schauspieler Lino Ventura, in Frauenkleidern. Unter seinen Nylons sah man stark behaarte Waden, dick und muskulös wie die Waden eines Gewichthebers, darüber prunkte ein luftiges Sommerkleid mit Blümchen bedruckt. Das kantige, unrasierte Haupt wurde von einer verdreckten Doris Day – Perücke bekrönt. Ich musste mehrmals schlucken, mit einer solchen Erscheinung hätte ich in dieser gottverlassenen Gegend nie gerechnet.
Der Mann war sehr freundlich, ich äußerte bezüglich seiner beiden, gepflegten Jagdhunde ein paar Komplimente.
Als ich ihm erklärte, dass wir in den Ort gekommen wären um in Ruhe etwas zu trinken, lud er uns sofort ein. Das war auch sicher sehr nett von ihm aber als er uns seine Dusche anbot, hörte ich aus dem Auto mehrere Stimmen und Bemerkungen wie: Abhauen, nichts wie weg hier usw. Ich dankte für das freundliche Angebot und wir fuhren gemächlich los. Im Camp pausierten wir einen Tag. Es wurde gekocht, geflickt, repariert und die geschundenen Glieder gepflegt. Jo und Achim suchten während dieser Zeit nach der verpassten Flussgabelung.
Als wir am darauffolgenden Tag losgingen, folgten wir ihrem frisch, mit der Machete gehauenen Pfad. Am Fluss fanden wir ein übergespanntes Seil vor, um damit trockenen Fußes das Gewässer zu überqueren. Die Beiden hatten am Vortag ganze Arbeit geleistet. Ein Erdrutsch von vierzig Metern Breite versperrte uns den Weg. Er endete links im wildströmenden Fluss und rechts war das gefährliche Geröllfeld einhundert Meter hoch. Eine Umgehung hätte oberhalb zu viel Zeit in Anspruch genommen, denn Jo hätte mit der Machete mühsam den Weg freischlagen müssen.
Zur unteren Umgehung hätten wir zweimal mit dem Seil den Fluss überqueren müssen. Dessen Fließgeschwindigkeit, seine Tiefe und die Eiseskälte des Wassers, ließen eine Durchquerung nicht zu. Also entschied ich mich für die Überquerung des losen Geröllfeldes. Durch ein Seil gesichert, stieg ich zwanzig Meter oberhalb des Flusses in das Geröllfeld. Hätte ich den losen Untergrund losgetreten, so wäre ich sicher in den Fluss gerutscht aber die Freunde am Ende meiner Seilsicherung hätten verhindert, dass ich abgetrieben würde.
Letzteres wäre in diesem wilden Wasser sicher lebensgefährlich. Mein langsames und vorsichtiges Hinübertasten wurde durch mein „drittes Bein“, einem 2 m langen, angespitzten Stock erleichtert. Der Hang hielt. Als ich den ersten Baum erreichte, befestigte ich dort mein Sicherungsseil. Nun sicherte sich Jeder mit einem Karabinerhaken an diesem Seilgeländer und konnte damit risikofrei den Erdrutsch überqueren. Die Vegetation wurde lichter und wir kamen gut voran. Gegen Mittag mussten wir den Fluss ein zweites Mal überqueren.
Das Wasser war nun niedriger und floss wesentlich ruhiger. Wir pausierten in der Mittagshitze und gönnten uns ein Fußbad. Nun führte unser Weg immer weiter weg vom Fluss und wir bemerkten, dass jeder zu überquerende Seitenbach ausgetrocknet war. Nach drei Stunden war unser mitgeführtes Wasser verbraucht. Die Temperatur betrug ca. 30° C und die Sonne brannte regelrecht auf uns nieder. Ich wusste, dass wir nach weiteren fünf Kilometern wieder an einen Fluss kommen würden, diese Feststellung hielt die anderen Durstigen bei Laune. Wir hörten den Fluss bereits einen halben Kilometer bevor wir ihn endlich sahen. Aber wir sahen ihn durch eine zwanzig Meter tiefe Schlucht tosen.
Wild und schäumend, eingebettet in steile, nasse Felswände war das Wasser für uns nur sehr schwer erreichbar. Die Schlucht endete an einem senkrechten Bergmassiv. Hinter einer Felsnase tat sich ein hoher, regelrechter Kessel auf. Die Steilwände waren vielleicht sechzig Meter voneinander entfernt. In diesem Kessel entdeckten wir einen imposanten Wasserfall. Das Wasser fiel aus einer Höhe von etwa einhundertzwanzig Meter senkrecht in die Schlucht.
Der Wasserfall hatte sich in den Fels geschnitten und so war im Laufe der Jahrtausende ein zwanzig Meter breiter und wenige Meter tiefer Kamin entstanden. Diese geografischen Umstände waren aus dem Kartenmaterial nicht ersichtlich. Weder die lange tiefe Schlucht, noch der gigantisch wirkende Wasserfall waren darin weder zu erkennen, noch zu erahnen. Für uns blieb das Wasser unerreichbar. Jede Annäherung wäre lebensgefährlich gewesen. Wir hofften weiter oben auf bessere Möglichkeiten.
Der Ansteigwinkel entsprach etwa einer Treppenleiter aber hier war der Boden stufenlos und der Anstieg zehrte an den Kräften.
Wir mussten trinken! Ich sah bei Allen geschwollene Adern auf den Handrücken und an den Schläfen. Nach vierhundert Metern konnten wir den Wasserfall von oben betrachten aber es bot sich keine Möglichkeit der Annäherung. Während wir rasteten stiegen Jo und Patrick weiter hoch, um den Weg zum Wasser zu erkunden. Sie waren bis zur überhängenden Gletscherkuppe hochgeklettert.
Wir hätten den Gletscher ersteigen und überqueren müssen um an Wasser zu gelangen.
Da dieser Weg uns noch für Stunden vom Wasser trennen würde, wählten wir den Abstieg zur Schlucht. Während wir der Schlucht flussabwärts folgten, waren wir dem Wasser sehr nahe, wir sahen und hörten es, kamen aber nicht nahe genug um aus dem Fluss zu schöpfen. Während wir so dem Canyon folgten, rupften wir die prallen Beeren regelrecht von den Sträuchern, um etwas Feuchtigkeit in die ausgetrockneten Münder zu bekommen. Nach etwa einem Kilometer gelangten wir in ein breites Tal welches hüfthoch mit sehr dichtem Gesträuch bewachsen war. Endlich endete die Schlucht und wir konnten ohne Mühen an das eiskalte, klare Bergwasser. Kein Champagner schmeckte je besser.
Alle tranken davon, der Eine bedächtig, der Andere gierig, wir pausierten, dann wurde wieder getrunken.
Wir hatten uns sehr strapaziert aber wir lachten wieder, es ging uns gut. Wir waren sehr erschöpft und benötigten in spätestens einer Stunde einen Übernachtungsplatz. Wir fanden eine Stelle, an der mehrere mannshohe Felsbrocken das Flussbett umgaben, sie boten uns Deckung und hatten das Treibholz der Schneeschmelze aufgehalten. Ganze LKW – Ladungen trockenen Holzes aller Stärken standen uns als Brandholz zur Verfügung.
Der feuchte Boden und die große Distanz zum ausgetrockneten Wald, schlossen eine Waldbrandgefahr aus. Wir leisteten uns also ein sorgenfreies Campfeuer, sogar ein großes Campfeuer aber als ich mitten in der Nacht wach wurde, fuhr mir ein heftiger Schrecken in die Glieder. Die Flammen loderten fünf Meter hoch, ein ungewöhnliches Bild.
Achim und Detlef standen im Feuerschein und unterhielten sich. Dieser Umstand nahm dem Szenario seinen Schrecken. Die Männer wussten schließlich genau was sie taten. Als wir am nächsten Morgen frühstückten und den Haferschleim begierig aus den Blechtassen aßen, diskutierten wir noch die Geschehnisse des Vortages. Nach dem Frühstück besprachen wir unsere weitere Vorgehensweise.
Wir sahen einen weiter Süd – östlich verlaufenden Höhenrücken, dort bot sich eine weitere Einstiegsmöglichkeit in das Bergmassiv. Der Weg war länger als unsere gestrige Route aber ein Durchkommen wäre leichter realisierbar gewesen.
Ich votierte für diese Vorgehensweise aber niemand war ohne Blessuren geblieben, dementsprechend stieß mein Vorschlag auf wenig Begeisterung.
Wir beschlossen unseren zerschundenen Gliedmaßen einige Tage Regeneration zu gönnen und während dieser Zeit die bestmögliche Lösung zu finden. Den Rückweg zum Basiscamp empfanden wir als einen Spaziergang. Auf unseren freigeschlagenen Pfaden kamen wir gut voran.
Jo´s Machete blieb an seinem Rucksack. Der Erdrutsch und der Fluss wurden nun routiniert überquert. Als wir unser Basiscamp erreichten, humpelte unser dort verbliebener Geologe an einem Stock um die Kochstelle und bot uns seinen Kaffee an. Er erzählte von einem kürzlichen Bärenbesuch. Mein Terrier war ebenfalls im Camp geblieben und hatte die Zeit an einer langen Leine verbracht welche Willy um einen viermeterlangen, beindicken Balken gebunden hatte.
Als der Hund den Bären bemerkte, raste er auf diesen zu und schleppte den schweren Balken soweit hinterher, bis dieser sich im Gesträuch verfing. Das aggressive Gebell war dem Bären lästig und er suchte schnell das Weite. Alle hatten gelitten und waren strapaziert, ich bemerkte manche schmerzverzerrte Miene und resümierte, dass in den nächsten Tagen keine Begeisterung hinsichtlich eines weiteren Anlaufs zu erwarten wäre.
Jo und Achim waren die einzigen Unverletzten, ich suchte nach einer Möglichkeit unsere Mission zu dritt weiterzuführen.
Die wichtige Personalreserve fiel nun aus, also musste ich nach einer Risikominimierung für die verbliebenen Akteure suchen. Wie konnten wir zu unserem Ziel gelangen ohne uns durch die Kraxelei in dieser grünen Hölle oder oben am Gletscher, in Eis und Schnee, weiter zu gefährden?
Nach dreistündiger Fahrt kamen wir in den nächstgelegenen Ort. Duschen, Steaks und einige Six – Packs lösten die etwas angespannte Atmosphäre. Am nächsten Morgen hatten Manche das offensichtliche Bedürfnis, ihren Individualismus auf Kosten der kollektiven Zielsetzung etwas intensiver auszuleben. Unser Kameramann verschwendete Filmmaterial, um längere Zeit die Dorfschönheiten abzulichten. Unser Koch konnte sich sehr lange nicht von der Toilette lösen, obwohl das Team fast eine Stunde lang reisefertig wartete. Unser Geologe und Jo wurden vermisst.
Sie waren ohne Kenntnisgabe zu einem zweistündigen Bummel aufgebrochen. Achim war „shoppen“, er „musste“ eine kurze Hose kaufen. War das noch mein Team, wo blieb der gewohnte Enthusiasmus? Nun wurde Detlef ungehalten und mahnte wegen der verlorenen Zeit, ich versuchte auszugleichen. Ein schwieriges Unterfangen. Schließlich erreichten wir mit dreistündiger Verspätung das Gelände eines kleinen Helikopterunternehmens. Ich trug unsere Wünsche und unser Flugziel vor. Die freundliche Sekretärin nannte uns den Preis, sie wollte aber vor der verbindlichen Buchung noch die Zustimmung ihres Chefs abwarten. Dem bedächtigen Mann waren die Risiken zu groß, er wollte es nicht riskieren in dieser avisierten Wildnis Menschen abzusetzen.
Er befürchtete, dass wir dort zu Schaden kämen und die Behörden ihn nachträglich zur Verantwortung ziehen würden.
Unsere Argumente ließ er einfach nicht gelten und wir mussten seine Entscheidung akzeptieren. Ich telefonierte mit Rob Nicholson und er riet mir, eine andere Helikopterfirma zu kontaktieren. Rob kannte den Inhaber seit Jahrzehnten und sie pflegten eine alte, vertrauensvolle Freundschaft.
Rob kündigte dort unsere Wünsche und unser Erscheinen an. „Machinegun – Fred“ verdiente seinen respektablen Ruf. Sein Hangar und sein Werkstattboden waren so peinlich sauber wie man es von einem gepflegten Esstisch erwartet. Unseren Flugplan bezeichnete er als „very special“ und er, der Herr über etliche Helikopter und Piloten, wollte uns partout selber in das Zielgebiet fliegen. Zu dritt, Jo, Achim und ich, verstauten wir unsere Rucksäcke mit „kleinem Gepäck“, zwei Kletterseilen, zwei Gewehren und einer Filmkamera in den Laderaum unseres Helis. Fred hob den Heli auf spektakuläre Weise ab. Dabei hatte ich das Gefühl über meine rechte Schulter rückwärts abzurollen.
Der Rest unserer Crew stand am Hangar und sah uns hinterher. Wir flogen eine Stunde lang über graue, schroffe Berge. Als ich dieses Gebirge vor Jahren zum ersten Mal aus dem Fenster einer Linienmaschine sah, erinnerten mich die Schroffheit der Berge und ihre spitzen Gipfel an ein Haifischgebiss. Dort wo sie am höchsten waren, wo sie Schneekuppen und Gletscher trugen, dort mussten wir hin. Der „Jet – Ranger“ war stark, schnell und wendig. Die bisherige Flughöhe von 10000 Fuß reduzierte Fred auf wenige Meter. Wir jagten durch die engen Täler, huschten regelrecht knapp über die Pässe und stiegen erst unmittelbar vor den steilen Bergwänden wie mit einem Fahrstuhl, nur wesentlich schneller.
Ich zeigte unserem Piloten unseren Absetzplatz und wir vereinbarten, dass er uns in vier Stunden am gleichen Ort wieder aufnehmen soll. Wir sprangen aus dem Heli und suchten zunächst hinter den nächstliegenden Felsbrocken Deckung. Ich dachte an Robs Bemerkung über Friesen und fragte mich ob er bereits vor uns im Gold – Canyon ist. Wann erschien endlich Slumach´s „Geist“ wie Rob ihn hier angetroffen hatte? Seine Existenz war in diesem Moment ernsthaft gefährdet. Wir nahmen unsere Sachen auf und stürmten regelrecht durch einen Canyon bergan.
Das enge Tal lag voller Basalt, es war ein scharfkantiges Geröllmaterial in allen erdenklichen Größen. Manche Brocken waren tonnenschwer und schaukelten wenn man sie betrat.
Wir kamen zu einem achtzig Meter breiten Schneefeld. Unter unserem Standort ging es etwa einhundert Meter abwärts und über uns ragte das leidige Schneefeld noch einhundert Meter hoch. Verdammt war das Ding steil. Ich rief nach einem Seil. Jo schüttelte den Kopf. Er hatte die Seile im Heli übersehen, wir hatten nun mal keine Seile. Ich war hochmotiviert, war regelrecht gierig und es gab keine Hindernisse welche mich so kurz vor dem Ziel zurückhalten konnten. Sicher hatte ich mächtigen Bammel vor diesem Schneefeld, das obligatorische Sicherungsseil fehlte, aber daran durfte doch nun, so kurz vor dem Ziel, das Vorhaben nicht scheitern. So trat ich in die Schneewand und trat mir hundertfach mit der linken Fußspitze Löcher in den oberflächlich verharschten Schnee, gerade so tief, dass mein linker Fuß und dann mein nachfolgender rechter Fuß darin Halt finden konnten.
Dabei stieß ich mein solides Expeditionsmesser über mir in den Schnee, die lange, breite Klinge setze ich quer und etwas schräg von oben, sie bot mir einen zusätzlichen Halt.
Die Mittagssonne beschien den Schneehang, ich durfte also nicht ausruhen, nicht stehenbleiben, denn die Sonnenbestrahlung erwärmte den Schnee und erhöhte damit die Gefahr, dass sich mein Untergrund löste. Der zähe Jo trat anschließend die Fußlöcher noch tiefer in den Hang sodass Achim seine Überquerung schnell und zügig absolvieren konnte. Ein ganzer Bergkamm funkelte uns im Sonnenlicht wie Gold entgegen.
Als wir mit den Messerspitzen das glänzende Metall aus dem Gestein brachen, stellten wir fest, dass es sich dabei um Pyrit, um „Katzengold“, handelte. Allerdings entsprach auch dieser Umstand den Schilderungen des „Stu“ Brown. Er hatte Rob im Gespräch beschrieben, dass in der Nähe „seiner“ Goldader ein Pyritberg sei.
Die Goldader sollte sich in einem Canyon befinden. Aufgrund der geologischen Besonderheiten dieses Canyons war er für uns nun leicht auffindbar. Wir mussten allerdings feststellen, dass eine vier Meter dicke Eisschicht den Zugriff auf das angeblich darunterliegende Gold verhinderte. Ich wusste, dass wir uns vier Wochen vor dem Zeitfenster des „Stu“ Brown befinden würden, er empfahl die zweite Septemberhälfte als günstigste Zeit, aber der vermeintliche Wettlauf mit Friesen hatte uns dazu bewogen, früher zu starten. Dass die Eisschicht derart stark war, hätten wir nie gedacht.
Wir hatten keine Zeit in enttäuschte Trübsinnigkeit zu verfallen oder die Umgebung zu genießen, wir mussten zurück.
Unser Abstieg dauerte etwas mehr als eine Stunde. Wir erreichten zeitgleich mit dem Helikopter den felsigen Kessel im Zentrum des Massivs. Als wir müde und erfolglos zurückkehrten, war bei Einigen eine negative Wesensänderung spürbar. Das Goldfieber hatte sie erfasst. Stu Brown wurde beschimpft, Rob Nicholson wurde beschimpft, und ich war sowieso Schuld an allem möglichen. Und dieses Gezeter wurde ausgerechnet von Leuten vorgebracht, welche auf Kosten anderer Teammitglieder an dieser Expedition teilnehmen durften.
Ich schlug vor, dass wir das Eisschmelzen abwarten und nach zwei Wochen einen weiteren Versuch unternehmen sollten. Mittlerweile hatte Rob mir eine Tonbandkasette mit der verbalen Wegbeschreibung „Stu“ Browns zukommen lassen. Stu argumentierte: “The longest way is the best way“! Somit erörterte ich, dass diese Route nicht allzu anstrengend sei, aber drei Leute gaben auf. Gewiss, da waren Blessuren und Verletzungen, waren dass tatsächlich die wahren Motive? Wir verblieben zu viert und genossen einige erholsame Tage am Ufer des Fraser.
Der Zug der Lachse hatte begonnen und wir sahen wie geschickt Indianer und Bären sich um diese delikaten Fische bemühten. Während Jo und ich das Camp und die nähere Umgebung nie verließen, waren Achim und Ochsy täglich mit dem Auto unterwegs und separierten sich immer mehr. Wir bemerkten sehr klar ihre abnehmende Motivation und die Distanz zur eigentlichen Zielsetzung. Schließlich wurde die geplante Tour auf „Stu“ Browns Route verweigert. Wie sich später herausstellte hatten die Beiden während ihrer Alleingänge gegen mich konspiriert.
Nun, da sie glaubten meinen Wissenstand vereinnahmt zu haben, versuchten sie höhere Gewinnanteile zu erlangen. Im Falle meiner Weigerung wollten sie im Folgejahr ohne mich, eine eigene Expedition organisieren. Und ob ich mich weigerte! Wusste ich doch um die Grenzen ihrer Fähigkeiten und ich behielt Recht, denn später zeigte sich, dass sie im Rahmen ihrer Zielsetzung nie über die Absichtserklärung hinausgelangt sind. Unserem Kameramann hatten wir die Leihgebühr für das Kameraequipment und sämtliches Verbrauchsmaterial bezahlt.
Er sollte unsere Zeit im Busch dokumentieren. Als wir nach Abschluss der Reise unsere Fotos bzw. Filme verlangten, erfuhren wir über Dritte, dass der Betrüger das Material bereits vor Reiseantritt, mit allen Rechten am Bild, hinter meinem Rücken verkauft hatte. Als ich ein gerettetes Video ins Netz stellte, sollte mich das anschließend, sehr ärgerliche, siebeneinhalbtausend Euro kosten, denn trotz aller vorgetragenen Gründe, besaß ich nicht mehr die Rechte am eigenen Bild. Der finanzierte Kameramann hatte uns alle vorgeführt und ich durfte schließlich unser Video nicht mehr veröffentlichen.
Detlef behielt mit seiner Prognose ebenfalls Recht, da er bereits vor Beginn unserer Expedition warnend zu bedenken gab, dass Habgier uns alles verderben könnte. In der Folgezeit analysierten Detlef und ich die fehlgeschlagene Expedition und bereiteten die Erneuerung unseres Vorhabens für das Folgejahr vor. Dann sollte ein professionelles Kamerateam, zwecks filmischer Begleitung der Expedition, in unsere Planung eingebunden werden.
Nach unserer Rückkehr begannen Detlef und ich sofort mit der Erkenntnisanalyse unserer Expedition und wir erstellten den Plan für das kommende Jahr. Mein Konzept sowie meine recherchierten Grundlagen erörterte ich mit einem Aachener Filmproduzenten, in der gemeinsamen Absicht, dass er im kommenden Jahr unsere Expedition filmisch begleiten und aus dem Material einen Dokumentarfilm erstellen würde.
Unser Vorhaben wurde schriftlich formuliert und dem ZDF zugesandt. Die anschließenden Gespräche mit dem zuständigen ZDF – Redakteur ergaben, dass von Seiten des Senders Interesse an dem geplanten Dokumentarfilm bestand. Schließlich kam es zu den entsprechenden Vertragsabschlüssen und die Zeit der intensiven Vorbereitungen begann.
Nachdem ich im Januar 2004 das Team neu besetzt hatte, ließ unsere personelle Konstellation nur wenig zu wünschen übrig, außer der Tatsache, dass Detlef wegen einer Knieverletzung nicht mitreisen konnte. Jo war wieder dabei, sein kontinuierlicher Arbeitseifer und sein ausgeprägter Teamgeist waren und blieben unverzichtbar.
Detlefs Tagebuch
20/7
12.00 hAbfahrt nach Frankfurt. 7 Leute, 2 Hunde und das Gepäck in einem Fiat Ducato. Im Flughafen Probleme beim Einchecken, die Hundeboxen sind OK aber die Hunde dürfen nur mitfliegen, wenn in den Boxen Trinknäpfe sind. Die Zeit drängt. Ochsy saust zu McDonalds und fragt die Bedienung nach Salatschüsseln. Achim rennt zur gleichen Zeit gegenüberliegende Restaurant und nimmt einem Ehepaar das gerade fertig war, die Salatschüsseln weg. Aufgabe gelöst.
Mit den Waffen gibt es keine Probleme, die Leute gucken zwar etwas verdutzt, als im Röntgenbildschirm die Ballermänner zu sehen sind, aber niemand fragt nach Papieren. Drei Minuten vor Bordingschluß laufen Willi und Jo in aller Seelenruhe in den Duty Free Shop. Ochsy schießt los um sie zu holen. Alle Leute sitzen bereits im Flugzeug (Airbus A330), wir schaffen es in letzter Sekunde. Nach ca. 9 Stunden machen wir Zwischenstop in Calgary.
Boris will die Crews nicht ans Gepäck lassen und veranstaltet ein heftiges Palaver. Sein Bellen ist im Flugzeug zu hören und die Leute lachen. Nach einer Stunde Aufenthalt geht es weiter. Ankunft in Vancouver nach einer Flugstunde. Waffen und Tiere müssen durch die Special-Declaration-Abteilung. Nachdem alle Formalitäten erledigt sind, lassen die Beamten uns durch. Boris pinkelt noch schnell an eine Absperrstange und ein Zollbeamter macht Ochsy deswegen an. Anschließend fahren wir ins Hotel.
21/7
7.30 h. Alles aufstehen! Boris ist total aufgedreht und rennt durchs Zimmer, Rascha ist ruhig. Um die Mittagszeit gelingt es uns, einen Dodge Van zu kaufen. Der Wagen scheint mit den Leuten und dem Gepäck etwas überladen, aber es geht. Man könnte langsam fahren (theoretisch). Nach einigen Einkäufen fahren wir durch Vancouver. Es geht Richtung Whistler. In dem typisch kanadischen Roadhouse “Ninety Niners” essen wir gutes Lachs-Steak.
Die Temperaturen sind jetzt einiges über 30°C, das trockene, pazifische Klima ist angenehm. Die Straße von Squamish nach Whistler wurde wegen Sprengarbeiten gesperrt, wir kommen 5 Minuten zu spät. Wir müssen zurück nach Squamish und übernachten in einer Absteige namens “August Jack”. Die Stimmung ist gereizt. Die ganze Etage riecht nach Captain Morgan weil Ochsy´s Feldflasche ausgelaufen ist.
22/7
Die Stimmung ist weiterhin angespannt. Alle nehmen ein Frühstück. (Eier, Würstchen, Schinken, Bratkartoffeln, Toast, Erdnußbutter, Kaffee). Anschließend Befestigung der Rucksäcke auf dem Van und Abfahrt Richtung Whistler. Heute fährt Jo. Achim war gestern zu schnell unterwegs. Da Whistler ein Touristennest ist, fahren wir direkt weiter nach Pemberton. Munition und Nahrung kaufen und weiter Richtung Terrarosa. Fahrerwechsel.
Ochsy fährt die Logging-Road (Schotterpiste). Es kommen schnell fahrende Timbertrucks entgegen. Wir fahren am Lilloet Lake vorbei, Richtung Harrison Lake. Um 13 Uhr, nach wenigen Km auf der Logging-Road, platzt ein Reifen. Ochsy und Achim fahren zurück nach Pemberton um zusätzliche Ersatzreifen zu kaufen. Die Anderen machen sich, in der heißen Mittagssonne, zu Fuß auf den Weg Richtung Skookumchuk. Ein heißer, anstrengender Marsch. Nach 9 Km lesen uns Ochsy und Achim wieder auf und die Fahrt geht weiter Richtung Hot Springs.
Wir sehen zwei Fischotter, zwei Adler und einen Coyoten. Am Eingang zum North Sloquet Trail errichten wir das Camp. Bei den Millionen Mosquitos ist an schlafen kaum zu denken. Im Schlafsack ist es heiß und nicht auszuhalten. Ich ziehe zur langen Hose ein langärmeliges Hemd an und Handschuhe und versuche zu schlafen. Die Biester stechen durch die Kleidung. Das Mückenspray wirkt nur 15 Minuten. Die Wachen verlaufen ruhig.
23/7
Alles aufstehen! Die letzte Nachtwache hatte Tony. Achim backt Brot mit Rosinen. 6.45 h, der Aufstieg zum Terrarosa beginnt. Die ersten Km sind leicht zu bewältigen. Es liegt vereinzelt Bärenkot auf dem Boden (im Abstand von 150-200m). Hier kann passieren, dass ein Schwarzbär oder Grizzly aus dem Gebüsch kommt.
Ich habe die Pumpgun mit Schrot und Slugs geladen, gehe voran. Bei teilweise 2 m Sichtweite ein mulmiges Gefühl. Wenn jetzt irgendwas aus dem Gebüsch springt, bleibt nicht viel Zeit zu schießen. Direkt hinter mir geht Tony mit der schweren Marlin, das beruhigt etwas. Die Spannung steigt. Am Ende des Trails beginnt der Urwald. Wir kommen kaum voran, weil extremer Wildwuchs uns behindert. Als wir nicht mehr weiter vorankommen, beschließen wir den Creek zu überqueren und hoffen, dass wir auf der anderen Seite des Tals besser vorankommen.
Jo rutscht und fällt in den Bach. Nach weiteren fünf Stunden Tortur (Ich kann kaum noch laufen, weil ich mittlerweile Blutergüsse und Blasen an den Füßen habe, Patrik verdreht sich das Fußgelenk, es schwillt sofort an), benötigen wir dringend Wasser. Jo und Willi steigen hinab zum Creek Wasser zu holen. Unser Sani Willi kann die Verantwortung für die Gesundheit der Leute nicht mehr übernehmen und drängt Tony zur Umkehr. Heftige Diskussionen.
Tony will unbedingt weiter. Jo stürzt mit Boris fast senkrecht in die Tiefe und kann sich gerade noch drehen, um einen Ast zu erwischen. Zum Glück gelingt ihm dies, sonst hätten wir ein Riesenproblem. Hier in dem extrem gefährlichen Gelände ist es kaum möglich einen Verletzten rauszubringen. Jetzt passieren wir ein Geröllfeld. Bei jedem Schritt muss man die Festigkeit des Steins prüfen, bevor man drauf tritt. Wenn sich ein Brocken löst, geht der ganze Hang ab. Durch die extreme und unübersichtliche Vegetation, ist die Gruppe plötzlich getrennt.
Achim, Tony, Willi und Jo haben sich bereits zum Wasser durchgeschlagen. Patrik, Ochsy und ich haben sie aus den Augen verloren. Auf die Rufe kommt keine Antwort. Das Rauschen eines Wasserfalls übertönt alle Geräusche. Achim und ich kommen gleichzeitig auf die Idee, die Funkgeräte auszupacken. Nach einigen (sehr langen) Sekunden, haben wir Kontakt und die Gruppe findet zusammen. Da es 16.30 h ist und der Rückmarsch nicht mehr möglich, beschließt Tony ein Notcamp einzurichten. Jo, Achim und Willi bauen aus einem angeschwemmten Baumstamm und dicken Steinen einen Übergang über den Creek. Die Strömung ist zu stark umso durch zu gehen.
Die gesamte Gruppe schafft es trocken den Fluss zu überqueren. Die Hunde müssen wir am Seil befestigt, über den Fluss ziehen, sonst würden sie in der reißenden Strömung ertrinken. Da die Vegetation ein Vorankommen unmöglich macht, müssen wir nach oben ausweichen. Nachdem wir den Wasserfall entlang hochgeklettert sind, haben wir endlich einen Einstieg in das flussabwärts liegende Gelände gefunden. Nach einer einstündigen Tortur, um ca. 150 m Geländegewinn zu erzielen, erreichen wir endlich den Hochwald.
Da das Gelände hier extrem steil ist und wir kaum Halt finden, müssen wir in einer Querrinne ausruhen. Die Kräfte sind erschöpft. Kurz vor Dunkelheit haben wir ein Not-Camp eingerichtet. Wegen der extremen Brandgefahr können wir kein Feuer machen. Da wir noch auf ca. 1000 m Höhe sind, ist die Nacht sehr kalt und für die meisten schlaflos. In der Nacht bemerke ich ein Rascheln neben mir, etwas streift meinen linken Arm. Ich vermute eine Schlange und meine rechte Hand sucht schon nach dem Messer. Aber es stellt sich heraus, dass Boris friert und verzweifelt nach Wärme sucht. Ich nehme den kleinen Kerl in den Arm um ihn zu wärmen. Die Nachtwache verläuft ruhig.
24/7
5.30 h. Alles aufstehen! Frühstück aus Nüssen Haferflocken, getrocknetes Obst, Gebirgswasser, fettes Milchpulver und getrockneten Bananen. Nun macht sich die 9-monatige Vorbereitungszeit in den Ardennen bemerkbar. Trotz der Verletzungen (Ich habe Blasen und Blutergüsse an beiden Füßen, Patrik ein geschwollenes Fußgelenk, Tony beide Schienbeine total kaputt, Willi ein verdrehtes und angeschwollenes Knie, Ochsy Rückenschmerzen…) reißt sich das Team zusammen und kämpft sich den Weg ins Basiscamp frei.
Die 30-40 Moskitostiche, die jeder hat, sind da dagegen eher eine Lappalie, obwohl der ganze Körper juckt. Um 14.30 h ist das Basiscamp erreicht aber der Tag noch lange nicht zu Ende. Der Weg führt uns nach Port Douglas, wo wir etwas zu essen erhoffen, außerdem muss Tony mit Rob Nicholson und Mineworks telefonieren. In Port Douglas treffen wir nur einen tuntenhaften Indianer mit blonder Perücke und zwei auffallend gut gepflegten Jagdhunden, der uns einlädt bei ihm zu essen, aber die Sache ist uns doch zu heikel.
Wir wollen weiter nach Pemberton. Ca. 60 Km vor unserem Ziel platzt erneut ein Reifen. Die Leute sind sehr still, die Stimmung ist bedrückend. Wir sehen drei Schwarzbären, haben aber keine Zeit und keinen Nerv zu filmen. Es handelt sich um eine Mutter mit zwei Jungen, da sollte man vorsichtig sein. Langsam fahren wir weiter und hoffen dass die Autoreifen halten und nichts passiert. Ochsy wird müde und Tony übernimmt das Steuer. Nach einigen Stunden haben wir es endlich geschafft. Im einzigen Hotel der Stadt lassen wir uns nieder.
25/7
Beim Frühstück erläutert Tony den weiteren Plan. Ochsy, Tony und Patrick fahren nach Kelowna um Rob Nicholson zu treffen. Außerdem brauchen wir dringend eine alternative Route zum Terrarosa. Friesen wird heute Abend bei Nicholson sein, sodass wir noch Vorsprung haben. Willi kümmert sich um die Wäsche, Achim und Jo laufen (2 x 11 Km) um ein weiteres Reserverad zu besorgen. Auf dem Hinweg sehen sie ein Mountain-Bike liegen.
Als dieses Mountain-Bike auf dem Rückweg noch da liegt, zieht Achim es aus dem Graben. Dann setzt sich Achim auf den Lenker und Jo fährt die beiden zum Hotel. Ich soll für Mineworks die Geschehnisse schriftlich festhalten und die Verletzung an meinem Fuß auskurieren. Um 23.25 h ruft Ochsy an. Die drei bleiben über Nacht in Kelowna. Die Gespräche mit Rob waren positiv. Einzelheiten am nächsten Tag. Die vier in Pemberton Verbliebenen beschließen früh schlafen zu gehen, um am nächsten Morgen möglichst fit zu sein. OK, wir waren dann noch kurz im Steakhouse.
26/7
Wir sitzen beim Frühstück als Ochsy erneut anruft. Slumach`s Fluch scheint seine Wirkung nicht zu verfehlen, ein neues Hindernis, ein Knüppel nach dem anderen wird uns in den Weg geworfen. Jetzt ist der Zündschlüssel des Dodge abgebrochen. Wir entscheiden, eine Zimmerbuchung zu verlängern um, weiterhin uns und unsere Sachen deponieren zu können. Damit wir die Zeit sinnvoll nutzen, versucht Willi eine kanadische Prepaid-Karte für Achims Handy zu bekommen. Achim und ich gehen zum Internet-Café. Jo bleibt im Zimmer und bewacht die Sachen.
Das Internet-Café hat Samstag/Sonntag geschlossen. In einem Buchladen lässt man uns an das Internet-Terminal (1 Stunde für 8,- $) aber es ist wie verhext. Auf dem Rechner sind kein Texteditor und keine andere Software. Es ist ein Internet-Terminal, man hat nur Zugriff auf einen Browser. Wir können Mails abrufen und eine Mail schreiben. Am Nachmittag gegen 17.00 h treffen die Kelowna-Leute ein. Als nächstes informiert uns Tony wie es in Kelowna gelaufen ist. Da es ziemlich spät ist, beschließen wir eine weitere Nacht im Hotel zu bleiben und morgen früh aufzubrechen.
27/7
5.30 h Alles aufstehen! Gemeinsames Frühstück. Gegen 8 Uhr macht sich die erste Gruppe auf den Weg zum Basiscamp, in der Nähe von Hot Springs. Es muss in zwei Gruppen gefahren werden, da unser Auto das gesamte Gewicht nicht gleichzeitig über die extrem schlechten Schotterpisten transportieren kann.
Bei Ankunft errichtet Tony das Camp, während Achim und Jo den Rest des Tages dazu verwenden, eine andere Route auszukundschaften. Ochsy fährt zurück nach Pemberton um mich, Willi und Patrik, sowie das restliche Gepäck zu holen. Um 15.30 h kommt Ochsy. Wir freuen uns schon, dass er so schnell zurück ist aber leider zu früh. Das Auto steht auf der Brücke am Ende des Lilloeet Lake. Auf dem Rückweg hat der Dodge dort das Getriebeöl verloren.
Ein Holländer der hier lebt hat Ochsy hergefahren. Der Typ ist sehr nett und hilfsbereit. Ich hebe Geld ab und fahre mit den Beiden zum Homestore um Dichtungen, Schmirgelpapier und Öl zu kaufen. Am Auto angelangt, versuchen wir die Ölwanne zu flicken, was aber nur teilweise gelingt. Während Ochsy am Auto arbeitet habe ich die Pumpgun geladen und passe auf, dass uns nichts überrascht. Durch eine Verkleinerung des Lochs (Hammer drauf, und Dichtungsmasse rein) und das ständige Nachfüllen mit 4 Litern Öl, schaffen wir die Rückfahrt. Die drei Leute im Camp werden sich nun Sorgen machen,wir haben keine Möglichkeit zur Kommunikation. Morgen um 8 Uhr werden wir die Sachen packen und die Ölwanne schweißen lassen. Die Zeit drängt und Friesen sitzt uns im Nacken.
28/7
Die Stimmung ist sehr angespannt. Der Typ der die Ölwanne schweißen will, kann erst gegen 13 Uhr. Nach einigen Einkäufen machen wir uns auf zur Werkstatt um die Ölwanne schweißen zu lassen, was aber nicht gelingt. Wir montieren die Reserve – Ölwanne, die Ochsy vom Schrottplatz geholt hat. Als wir einige Stunden später am Basiscamp eintreffen ist die Erleichterung groß. Tony hat sich die größten Sorgen gemacht.
Achim und Jo haben bereits ein Viertel der Route aufgeklärt und teilweise den Weg mit der Machete frei gemacht.29/7 Nach einer weiteren mückenbelasteten Nacht, mit wenig Schlaf, machen wir uns um 6.30 h auf den Weg zum Terrarosa. Willi kann mit seinem kaputten Knie nicht mit und bleibt mit beiden Hunden und einer Waffe im Camp. Die ersten Km kommen wir gut vorwärts. Nach einem gefährlichen Geröllfeld, wo ich nur widerwillig hindurch gehe entscheiden wir, den Creek zu überqueren. An anderer Seite scheint ein alter Trail zu verlaufen. Den Trail rauf geht es ein paar Km gut voran.
Wieder müssen wir überqueren, weil wir hier nicht weiterkommen. Eine alte, kaputte Brücke zeigt uns, dass wir richtig sind, dass der Trail auf der anderen Seite weiterführt. Am Ende des Trails (ca. 30% der Gesamtstrecke) geht dannnichts mehr. Mit einem derartig schweren Gelände hatte niemand gerechnet. Selbst Tony hatte sich das Gelände etwas erträglicher gedacht. Wir haben schon länger nichts Trinkbares mehr. Nach einigen Km wildesten Dschungels, hören wir einen Wasserfall und sind zuerst einmal sehr erleichtert. Wir sind alle sehr durstig. Die Aussicht auf Wasser gibt uns neue Kraft.
Wir kämpfen uns einen steilen Berghang hinauf Richtung Wasser. Da muss irgendwo ein Creek den Berg runter kommen, es kann nicht mehr weit. Doch wie es so im Leben ist, kommt es erstens anders, und zweitens als man denkt. 50 m vor dem Wasser ist eine tiefe Schlucht. Wir versuchen den Wassersack abzuseilen, aber das Wasser ist zu weit weg. Dann versuchen wir uns weiter den Hang hinauf zu kämpfen und die Schlucht zu umgehen, das Gelände wird steiler und die Kräfte schwinden immer mehr. Langsam wird mir mulmig. Die Situation ist gefährlich.
Ich versuche mit Patrik und Jo den Berg rauf zu kommen um Wasser zu holen. Wir lassen die Rucksäcke zurück. Nach 50 Metern wird mir schwarz vor Augen, der Kreislauf will nicht mehr. Die Anderen hängen alle im Hang und kommen nicht weiter. Patrik und Jo versuchen es alleine und ich gehe wieder zurück zu Tony und den anderen. Die Jungs sehen schlimm aus. Es wird höchste Zeit. Jetzt hängen wir schon seit 4 Stunden hier im Hang. Die Füße sind total kaputt. Der Rücken vom Rucksack wundgescheuert. Nach 30 Minuten erreiche ich über das Funkgerät Patrik. Sie sind 300 m weiter oben und die Schlucht ist noch immer nicht zu überqueren.
Das Gelände wird noch steiler und sie beschließen umzukehren. Die einzige Chance die uns bleibt, ist zurück in Richtung Tal. Wir müssen zum Wasser, sonst verreckt hier noch jemand. Zum Glück haben die Bären für uns vereinzelte Himbeeren übrig gelassen, das gibt uns wenigstens ein wenig Flüssigkeit. Nach einer mehrstündigen Tortur schaffen wir es kurz vor Dunkelheit, an den Creek zu kommen. Wir stellen fest, dass Wasser mehr wert ist als alles Gold der Erde. Auf einer Insel im Creek richten wir dann ein Notcamp ein. Die meisten sind so fertig, dass sie direkt einpennen, trotz der Millionen Mosquitos.
30/7
Total zerstochen machen wir uns früh auf den beschwerlichen Weg zurück ins Tal. Der zweite Versuch ist gescheitert. Wir kommen diesen verdammten Berg einfach nicht rauf. Damit ich einigermaßen laufen kann, ziehe ich zwei Paar Socken übereinander an und binde die Schuhe so fest ich kann. Wir müssen ein paar Mal durch den Creek und bekommen nasse Füße. Nach ein paar Stunden ist die Quälerei vorüber.
Willi macht Kaffee mit Rum für alle und wir liegen zuerst einmal flach. Gegen diese Strapazen die ich hier erlebt habe, waren die Gewaltmärsche bei der belgischen Armee eher Spaziergänge. Willi erzählt von seiner Begegnung mit einem Schwarzbären. Am Vortag gegen 19 Uhr saß er am Feuer, als er ein Knacken hörte. Dann sah er ein paar Meter entfernt einen Schwarzbär im Gebüsch sitzen. Durch die ungünstige Windrichtung hatte der Bär das Essen gerochen aber die Hunde konnten den Bären nicht wittern. Außerdem hatten die Hunde keinen Sichtkontakt, da das Auto dazwischen stand.
Zuerst versuchte Willi den Bären durch Steinwürfe zu vertreiben. Den Bären kümmerte das aber nicht weiter. Willi nahm die Doppelflinte und schoss seinen Warnschuss dicht über den Bären hinweg. Dieser ergriff die Flucht. Boris, der an einem Holz befestigt war, fegte samt Holz hinter dem Bären her. Schade, dass Willi keine Kamera hatte. Nach einem Stündchen Pause hatten wir es wieder eilig. Wir wollten zurück nach Pemberton und den dritten Versuch planen. Trotz der angeschlagenen Gesundheit, dachte niemand an Aufgeben.
31/7
Wir beschließen den dritten Versuch mit dem Helikopter anzugehen. Das kostet zwar, aber wir wissen nicht wo unser Konkurrent Friesen ist und wollen nichts riskieren. Friesen will die lange Route über den Fire Lake gehen und dafür mindestens drei Tage länger brauchen als wir. Wenn das Gelände ähnlich ist wie hier, wird er niemals sein Ziel erreichen. Wir suchen uns eine Stelle um im Wald zu übernachten. Die Mosquitos lassen grüßen.
Tony versucht mehrmals Rob Nicholson anzurufen, damit dieser einen Helikopterflug bei seinem Kumpel aushandeln kann. Die Anrufversuche bringen nichts, wir beschließen Nahrungsmittel einzukaufen und uns in den Wald zu verziehen. Tony versucht nachher noch einmal sein Glück… Ich liege auf dem Rücken und sehe mir den Sternenhimmel an, der hier um einiges eindrucksvoller ist als bei uns. Die Mosquitos hindern mich am Schlaf. Ochsy und Achim haben deshalb das Zelt aufgebaut. Irgendwann wird es hell und die Augen brennen. Dann penne ich halt nachher im Auto, denke ich mir.
01/8
Tony hat gestern Abend noch mit Rob telefonieren können. Sein Freund hat keinen Helikopter frei. Sie sind im Einsatz um Waldbrände zu bekämpfen. Die Stimmung ist schlecht. So langsam könnte mal etwas klappen. Wir fahren zum nächsten Flugplatz, zu der ansässigen Helikopter-Company. Dort erfahren wir dann, dass das Ministerium alle Landungen im Provincial Park untersagt. Nur der Überflug ist gestattet.
Eigentlich wundert sich niemand mehr darüber. Tony versucht mit Rob und/oder dem Heli- Piloten zu telefonieren. Dann kommt wieder Hoffnung auf. Tony hat einen Flugtermin für morgen früh 11 Uhr bekommen. Rob hat lange mit dem Piloten geredet, dieser hat auf das Landeverbot gepfiffen. Nun ja, aber zuerst müssen wir uns auf die Socken machen und die 260 Km zum Hangar fahren. Ein gutes Stück, da wir wegen der kaputten Straßen am Harrison Lake den Weg über Vancouver machen müssen. Die Fahrt ist anstrengend und es ist heiß. Als wir abends ankommen, finden wir erst nach längerer Suche einen Platz wo wir campieren können.
02/8
Um 7 Uhr werden wir von Tony geweckt. Wir sind alle so fertig, dass wir trotz der Mosquitos einigermaßen pennen können. Mein Gesicht sieht aus wie ein Streuselkuchen. Ich schätze dass ich am ganzen Körper mittlerweile um die 50-60 Stiche habe. Meine linke Hand ist auch geschwollen, die Fingergelenke schmerzen. Mein linker Fuß ist ebenfalls angeschwollen. Ich habe sicher zu viel Gift im Körper. Ich kann nicht verstehen, warum es diese Bestien so auf mich abgesehen haben, die Anderen haben viel weniger Einstiche. Vielleicht bin ich zu süß?
Nach dem Frühstück machen wir uns auf zum Hangar. Der Pilot kommt er aus dem Büro und begrüßt uns herzlich. Ein netter Mensch und vor Allem sehr erfahren. Nach einem Gespräch mit Ochsy und Tony haben wir dann die Gewissheit, dass der Flug klar geht. Da aber nur ein Helikopter zur Verfügung steht, können nur drei Leute mitfliegen. Als da wären Tony und die beiden, noch relativ gesunden Leute, Achim und J o. Der Pilot erklärt uns den Helikopter und dann fliegen die Jungs los. Ich stehe mit Ochsy ganz nah am Heli. 5 m vom Helikopter weg, bekommt man jede Frisur trocken. Willi versucht den Goldgehalt im Fraser River zu bestimmen und kommt zu dem Ergebnis dass es sich hier nicht lohnt zu waschen. Um 17.00 h ruft Achim an. Wir sollen sie abholen. Dann erfahren wir, dass sie es bis zum Ziel geschafft haben aber dass über der vermuteten Stelle noch mehr als 3 Meter Eis und Schnee liegen.
Das kann man wohl nicht so einfach schnell freischaufeln. Immerhin haben die Drei doch fantastische Aufnahmen gemacht (Achim hatte die Kamera mitgenommen), bei dem angeblichen Gold handelt es sich um Material, dass in der Sonne wie Gold aussieht. Willi identifiziert es als Pyrit. Wir nehmen an, dass Brown das Zeug falsch identifiziert hat. Allerdings stellt sich nach einem Telefonat mit Rob heraus, dass dieser sehr wohl über das Pyrit Bescheid weiß. Er behauptet, das Gold liegt in dem gewissen Graben. Aber wir können zur Zeit nicht ran.
Gegen Abend kommen wir zur “Sasquatch Inn”, von der Tony erzählt hatte. Wir wollen nur ein Bier trinken, der Laden gefällt uns auf Anhieb. Ein Bier nach dem anderen wird vernichtet und wir bestellen prima Steak, Pommes und Salat für 5 Dollar! Aus der alten Musikbox kommt super Musik, die Stimmung ist ist gut. Ochsy und Willi spielen Pool, die Anderen relaxen und reden mit Einheimischen. Da es hier billige Zimmer gibt, beschließen wir zu bleiben.
03/8
Tony hat im Badezimmer die größte Kakerlake gekillt, die ich je gesehen habe. Man könnte das Ding glatt grillen! Nach dem Frühstück fahren wir Richtung Pitt Lake. Der abgestürzte Bomber steht auf dem Programm und wir wollen den Spindle Canyon untersuchen. Willi glaubt hier Gold zu finden.
Nach einigen Stunden müssen wir umkehren. Der eingezeichnete Weg existiert nur teilweise. Es gibt keinerlei Alternativroute, von hier hätten wir drei heftige Tagesmärsche hin und drei zurück. Keine Chance mit kaputten Füßen. Unsere Stimmung wird mies. Wir fahren Richtung Harrison Mills um dort einen Schlafplatz zu finden.
Es ist problematisch, dass Feuer untersagt sind. Wir nisten uns wieder im Sasquatch Inn ein. Tony hat beschlossen, in der nächsten Woche über die lange Fire Lake Route, den Gletscher hinauf zu gehen und den Graben freizulegen. Willi, Patrik und ich können hier nicht viel Sinnvolles tun. Unser Gesundheitszustand würde die mehrtägige Fire Lake Route nicht verkraften. Wir Drei beschließen nach Hause zu fliegen.
- + Teil 1
-
Die Slumach – Story war mir seit 1987 geläufig. Damals hatte ich die Story in mehreren Büchern gelesen und mir zusätzlich Hinweise und gute Ratschläge bei einem honorigen Autoren eingeholt.
Im Jahr 2002 nahm ich die intensiven Recherchen auf. Nun war das Internet mit seinen Möglichkeiten eine wesentliche Informationshilfe und nach kurzer Zeit hatten meine Nachforschungen ein umfangreiches Dossier ergeben. Ende des Jahres gesellte sich Detlef Wetzeler hinzu. Wir kannten uns bereits etliche Jahre, hatten auch gemeinsame Freunde, wussten aber bis dato nichts von der eher seltenen Neigung des Anderen, zu dieser gemeinsamen Interessenssphäre.
Sein Beruf als Systemadministrator erleichterte unsere gemeinsamen Nachforschungen gewaltig. Wir kontaktierten Rob Nicholson, als vertrauensvollen Teilhaber unserer Recherchen und es begann ein intensiver Informationsaustausch. Heute kann ich behaupten, dass sich aus unseren gemeinsamen Ansichten, Meinungen und Grundsätzen eine fundierte Freundschaft entwickelte. Im Laufe des Jahres 2003 verdichteten sich unsere maßgeblichen Informationen derart, dass wir dem Geheimnis um die Goldlagerstätte sehr nahe waren. Rob bestätigte, dass die von uns ermittelte Örtlichkeit mit dem Fundort des Stu Brown identisch sei. Daraufhin planten wir eine Expedition um uns vor Ort von der Richtigkeit unserer Recherche zu überzeugen.
Wir stellten ein siebenköpfiges Expeditionsteam zusammen. Gewiss verfügten diese Leute über gewisse Fähigkeiten und ich nahm auch verhalten – optimistisch während der häufigen Trainingstage in den Ardennen ihre Bemühungen zur Kenntnis, aber den nötigen Enthusiasmus konnte ich nie feststellen und mir war aus den Erlebnissen vergangener Jahre sehr bewusst, dass ein großes Maß an Begeisterung erforderlich war, um damit in kommenden Zeiten den hohen physischen und psychischen Belastungen entgegenzuwirken. Alle erforderlichen Basisfähigkeiten wurden eingeübt und immer mehr verfeinert. Allmählich machte die erwünschte Routine sich bemerkbar und eine freundschaftliche Verbundenheit wurde unter den, bis dahin größtenteils fremden, Männern spürbar.
Ich schloss einen Vorvertrag mit einer Produktionsfirma zwecks späterer Verfilmung unserer Unternehmungen und nach der Vervollkommnung unserer Ausrüstung durch unseren Sponsor, dem Outdoormarkt Transglobe, starteten wir die Expedition bereits Mitte Juli 2003. Wegen der Unternehmungen des konkurrierenden Schatzjägers D. Friesen, hatten wir unsere Abreise um zwei Wochen früher, als ursprünglich geplant, vorverlegt. In Kanada gelangten wir über Schotterpisten und „Bushroads“ ans Ende aller Wege, an den Rand der absoluten Wildnis. Etliche Reifenpannen machten uns deutlich, dass man die Segnungen dieses „God´s Country“ nur erfährt, wenn man selber die Initiative ergreift, auch wenn die Umstände ungünstig erscheinen.
Als wir unser Basiscamp aufschlugen waren wir nur 24 Km von unserem Zielort entfernt. Der Campaufbau ging routiniert voran aber die allgegenwärtigen Mosquitos waren einigen Männern neu und nach wenigen Sekunden hörte man die ersten Flüche. Wir warfen modriges Holz in das Campfeuer um gehörigen Qualm zu erzeugen und damit zumindest in unmittelbarer Umgebung des Feuers die lästigen „Bugs“ fernzuhalten. Am nächsten Morgen gingen wir los. Detlef und ich wechselten uns halbstündlich an der Spitze ab. Jo der Kletterer, Ochsy unser Campkoch, Achim mit Seil und Machete, Willy der Geologiekundige und Sanitäter, er hatte wenige Jahre davor Deutschlands zweitgrößten Nugget gefunden. Als Letzter folgte Patrick, unser Kameramann.
Mein aufmerksamer Terrier war dabei nie mehr als zehn Meter von mir entfernt. Wir folgten bergan einem achtmeterbreiten Flusslauf welcher in der Nähe unseres Zielgebietes entsprang. Wir schlugen mit der Machete unseren beschwerlichen Weg frei. Die üppige Vegetation dieser Raincoast – Mountains erinnerte an südamerikanische Urwaldverhältnisse. Die hohe Luftfeuchtigkeit und die Tagestemperatur von weit über 30° C machte uns zu schaffen. Quälende Mosquitoschwärme umgaben uns dauernd und verdoppelten ihre Anzahl sobald wir stehenblieben. Umgestürzte Baumriesen, Sümpfe, Geäst sowie Dornen und leichtbedeckte Bodenlöcher, erschwerten unser Vorwärtskommen. Wir bewegten uns aufmerksam und sorgfältig. Schließlich drangen wir in die Heimat von Grizzlybären und Berglöwen vor. Eine zusätzliche Gefahr drohte seitens unseres Konkurrenten D. Friesen, hatte doch Rob Nicholson noch warnend erwähnt, dass Friesen mich dort draußen erschießen würde, da er jegliches Goldvorkommen als sein eigenes ansehen würde.
Dieser Fanatiker war vor einem Jahr in den Raincoast – Mountains, auf der Suche nach Slumach´s Gold, mit dem Helikopter abgestürzt. In seinen anschließenden Äußerungen bezeichnete er das Unglück als Warnung von Slumach´s Geist. Trotz aller Aufmerksamkeit verhinderte der dichte Bewuchs manchmal den Sichtkontakt zum Fluss und somit blieb eine wichtige Flussgabelung vorerst verborgen. Da beide Wasserläufe etwa aus der gleichen Richtung kamen, blieb der Fehler lange unbemerkt. Mehrere Seitenbäche wurden durchquert. Manchmal waren deren Einmündungen zwanzig und mehr Meter weit versumpft oder wegen haushoher Haufen aus entwurzelten Bäumen unpassierbar und wir mussten den Bachläufen bergauf folgen, um weiter oberhalb Übergangsmöglichkeiten zu finden.
Die Massen und die Kräfte des Schmelzwassers hatten in Jahrtausenden tiefe Schluchten gegraben. Die Vegetationsdichte begrenzte unsere Sicht kontinuierlich nach drei bis sechs Metern, somit war die Suche nach den Überquerungsgelegenheiten sehr kraft – und nervenzehrend. An diesem Tag überquerten wir zwölf Seitenbäche. Wo die vorgenannten Schwierigkeiten nicht auftraten, hatten wir Devilsclub – Felder, ein federndes Strauchgewächs welches gänzlich mit leichtlöslichen Dornen bewachsen ist, zu durchqueren. Die Stiche schmerzen mehrere Tage und entzünden sich leicht. Da die Zweige mit ca. 30° schräg aus dem Boden wachsen, bevor sie nach einem knappen Meter fast senkrecht werden, kann man die stark federnden Hindernisse nur sehr schwer niedertreten oder beiseite biegen.
Damit hatten wir alle nach wenigen Stunden lädierte Schienbeine. Das Flusstal wurde unpassierbar. Die beidseitigen Bergrücken wären von meterhohen Windbrüchen übersät und ebenfalls nicht zu begehen, also gingen wir im Berghang unserem Ziel entgegen. Die damit erzwungene, schräge Fußstellung war alles andere als komfortabel. Die Rucksäcke drückten bei dieser Gangart besonders schwer. Der „Sani“ machte mich auf Detlef aufmerksam und äußerte sich besorgt über dessen Fußprobleme. Da Detlef der kräftigste und schwerste von uns war, konnte ich mir solche Blessuren leicht vorstellen und ich sah nach ihm aber bei der langsamen Gangart und der stetigen Kletterei fiel mir an seiner Motorik nichts ungewöhnliches auf und der sture Kerl äußerte auch nichts in dieser Hinsicht, also drängte ich kontinuierlich weiter vorwärts. Nach siebenstündiger Strapaze hatten wir plötzlich freie Sicht.
Ein riesiger Windbruch lag vor uns und wir sahen die Schnee – und Gletscherkuppen des Bergmassivs, unseres Zielgebietes. Vom Studium der Luftaufnahmen kannte ich die Gegebenheiten dieses Bergmassivs und stellte enttäuscht fest, dass unser angedachter Einstieg mehr westlich lag. Hier warteten ein sechshundert Meter hoher Steilhang und eine riskante Gletscherüberquerung auf uns. Nein danke! Die ursprünglich geplante Route umging diese Hindernisse. Nach kurzer Besprechung beschlossen wir zum Basiscamp zurückzukehren, um dann erneut das Zielgebiet anzugehen.
- + Teil 2
-
Wir stiegen und rutschten in dem Berghang zum Fluss hinunter. Mit meinem Gewehr in den Händen, sprang ich in beidfüßigen Sprüngen den Hang hinab.
Plötzlich gab der Boden nach und ich fiel in einen Schacht. Im Moment des Sturzes muss ich wohl mein Gewehr krampfhaft festgehalten haben, denn etwa einen Meter unter der Erdoberfläche hing ich regelrecht an der Waffe. Wie ein Knebel hatten sich das Rohr und die Schulterstütze in der Schachtwand verkeilt. Unter mir war alles dunkel, um mich herum waren feuchte Erde und glitschiges Holz, über mir waren ein Loch und der abendliche Himmel Kanadas. Der nahe Fluss und ein Wasserfall rauschten und tobten derart laut, dass Hilferufe zwecklos waren. Ich stemmte meinen Rücken gegen die nasse Erde und versuchte mit meinen Füßen gegenüber Halt zu finden. Plötzlich verdunkelte sich der Lichteinfall und ich sah voller Freude meinen Terrier über mir, wie er sich staunend um meine Witterung bemühte und schließlich die ungewöhnliche Situation mit heftigem Gebell quittierte. Dann wurde es dunkel denn Detlef stand über dem Loch, groß, stur und stark. Wir griffen uns gegenseitig an den rechten Handgelenken, dann zog er mich aus meinem Verlies. Dieses Ereignis veranlasste uns zukünftig enger zusammenzubleiben, schließlich war jeder von uns solcher Gefährdungen ausgesetzt. Es dämmerte bereits als wir einen Übernachtungsplatz suchten und in einer kleinen Mulde, zwanzig Meter oberhalb des Flusses fanden. Alles um uns herum war knochentrocken. Ein Campfeuer hätte eine Brandkatastrophe auslösen können.
Es wurde neblig. Wir sahen weder Mond noch Sterne aber wir verzichteten auf die Wärme und das Licht des gewohnten Feuers.
Die Temperatur sank fast auf den Gefrierpunkt runter. In der Mulde lagen wir wie Jungtiere in einem Nest, ein lebendes Knäuel dicht aneinander, wo eine Lücke war keilte sich mein Terrier ein, um auf diese Weise von mehreren Seiten etwas Wärme zu bekommen. Beim ersten Tageslicht machten wir uns auf den Weg zurück zum Basiscamp. Unterwegs erkannte ich eine alte Goldschürfstelle welche, nach meinen Recherchen, 1944 von der kanadischen Teck Corporation erworben wurde und durch den Fortgang des Krieges eingestellt werden musste. Die Entdeckung verschwieg ich meinen Begleitern, ich wollte nicht durch längeres herumstöbern noch mehr Zeit verlieren. Sollten wir nach Erledigung unserer Zielsetzung noch über etwas Zeit verfügen, so könnten Interessierte sich ja um die Schürfstelle kümmern. Im Laufe des Tages klagte unser Geologe und Sanitäter Willy über Kniebeschwerden. Wir übernahmen seine Ausrüstung und er humpelte die letzen Kilometer mit schmerzverzerrtem Gesicht zum Camp. Zuhause wurde später ein operativer Eingriff erforderlich. Auch unser Kameramann klagte über einen verdrehten Fuß aber bereits zwei Tage danach war er wieder belastbar.
Irgendjemand hatte plötzlich die Idee, in das zwanzig Km entfernte Indianerdorf Port Douglas zu fahren, um dort irgendwo bei einem Kaffee zu pausieren.
Also fuhren wir hin. Als die Buschpiste im Ort endete sahen wir nur 5 Häuser. Nur das erste Haus schien ohne Ärger erreichbar zu sein. Alle übrigen Häuser befanden sich hinter einem unübersehbaren Schild mit der abweisenden Aufschrift: NO TREPASSING. Ich bemerkte dazu: “Ob sie hinter dem Schild Schwarzbrennen oder einfach keine Weißen mögen, egal, wir haben das zu respektieren!“ Alles blieb im Fahrzeug und ich ging zum ersten Haus. Gerade als ich an die von Rosen übergewucherte Haustür klopfen wollte, hörte ich von der Seite ein freundliches „Hi“. Ich traute meinen Augen nicht. Da stand ein Indianer, der aussah wie der französische Schauspieler Lino Ventura, in Frauenkleidern. Unter seinen Nylons sah man stark behaarte Waden, dick und muskulös wie die Waden eines Gewichthebers, darüber prunkte ein luftiges Sommerkleid mit Blümchen bedruckt. Das kantige, unrasierte Haupt wurde von einer verdreckten Doris Day – Perücke bekrönt. Ich musste mehrmals schlucken, mit einer solchen Erscheinung hätte ich in dieser gottverlassenen Gegend nie gerechnet.
Der Mann war sehr freundlich, ich äußerte bezüglich seiner beiden, gepflegten Jagdhunde ein paar Komplimente.
Als ich ihm erklärte, dass wir in den Ort gekommen wären um in Ruhe etwas zu trinken, lud er uns sofort ein. Das war auch sicher sehr nett von ihm aber als er uns seine Dusche anbot, hörte ich aus dem Auto mehrere Stimmen und Bemerkungen wie: Abhauen, nichts wie weg hier usw. Ich dankte für das freundliche Angebot und wir fuhren gemächlich los. Im Camp pausierten wir einen Tag. Es wurde gekocht, geflickt, repariert und die geschundenen Glieder gepflegt. Jo und Achim suchten während dieser Zeit nach der verpassten Flussgabelung.
Als wir am darauffolgenden Tag losgingen, folgten wir ihrem frisch, mit der Machete gehauenen Pfad. Am Fluss fanden wir ein übergespanntes Seil vor, um damit trockenen Fußes das Gewässer zu überqueren. Die Beiden hatten am Vortag ganze Arbeit geleistet. Ein Erdrutsch von vierzig Metern Breite versperrte uns den Weg. Er endete links im wildströmenden Fluss und rechts war das gefährliche Geröllfeld einhundert Meter hoch. Eine Umgehung hätte oberhalb zu viel Zeit in Anspruch genommen, denn Jo hätte mit der Machete mühsam den Weg freischlagen müssen.
Zur unteren Umgehung hätten wir zweimal mit dem Seil den Fluss überqueren müssen. Dessen Fließgeschwindigkeit, seine Tiefe und die Eiseskälte des Wassers, ließen eine Durchquerung nicht zu. Also entschied ich mich für die Überquerung des losen Geröllfeldes. Durch ein Seil gesichert, stieg ich zwanzig Meter oberhalb des Flusses in das Geröllfeld. Hätte ich den losen Untergrund losgetreten, so wäre ich sicher in den Fluss gerutscht aber die Freunde am Ende meiner Seilsicherung hätten verhindert, dass ich abgetrieben würde.
Letzteres wäre in diesem wilden Wasser sicher lebensgefährlich. Mein langsames und vorsichtiges Hinübertasten wurde durch mein „drittes Bein“, einem 2 m langen, angespitzten Stock erleichtert. Der Hang hielt. Als ich den ersten Baum erreichte, befestigte ich dort mein Sicherungsseil. Nun sicherte sich Jeder mit einem Karabinerhaken an diesem Seilgeländer und konnte damit risikofrei den Erdrutsch überqueren. Die Vegetation wurde lichter und wir kamen gut voran. Gegen Mittag mussten wir den Fluss ein zweites Mal überqueren.
Das Wasser war nun niedriger und floss wesentlich ruhiger. Wir pausierten in der Mittagshitze und gönnten uns ein Fußbad. Nun führte unser Weg immer weiter weg vom Fluss und wir bemerkten, dass jeder zu überquerende Seitenbach ausgetrocknet war. Nach drei Stunden war unser mitgeführtes Wasser verbraucht. Die Temperatur betrug ca. 30° C und die Sonne brannte regelrecht auf uns nieder. Ich wusste, dass wir nach weiteren fünf Kilometern wieder an einen Fluss kommen würden, diese Feststellung hielt die anderen Durstigen bei Laune. Wir hörten den Fluss bereits einen halben Kilometer bevor wir ihn endlich sahen. Aber wir sahen ihn durch eine zwanzig Meter tiefe Schlucht tosen.
Wild und schäumend, eingebettet in steile, nasse Felswände war das Wasser für uns nur sehr schwer erreichbar. Die Schlucht endete an einem senkrechten Bergmassiv. Hinter einer Felsnase tat sich ein hoher, regelrechter Kessel auf. Die Steilwände waren vielleicht sechzig Meter voneinander entfernt. In diesem Kessel entdeckten wir einen imposanten Wasserfall. Das Wasser fiel aus einer Höhe von etwa einhundertzwanzig Meter senkrecht in die Schlucht.
Der Wasserfall hatte sich in den Fels geschnitten und so war im Laufe der Jahrtausende ein zwanzig Meter breiter und wenige Meter tiefer Kamin entstanden. Diese geografischen Umstände waren aus dem Kartenmaterial nicht ersichtlich. Weder die lange tiefe Schlucht, noch der gigantisch wirkende Wasserfall waren darin weder zu erkennen, noch zu erahnen. Für uns blieb das Wasser unerreichbar. Jede Annäherung wäre lebensgefährlich gewesen. Wir hofften weiter oben auf bessere Möglichkeiten.
- + Teil 3
-
Der Ansteigwinkel entsprach etwa einer Treppenleiter aber hier war der Boden stufenlos und der Anstieg zehrte an den Kräften.
Wir mussten trinken! Ich sah bei Allen geschwollene Adern auf den Handrücken und an den Schläfen. Nach vierhundert Metern konnten wir den Wasserfall von oben betrachten aber es bot sich keine Möglichkeit der Annäherung. Während wir rasteten stiegen Jo und Patrick weiter hoch, um den Weg zum Wasser zu erkunden. Sie waren bis zur überhängenden Gletscherkuppe hochgeklettert.
Wir hätten den Gletscher ersteigen und überqueren müssen um an Wasser zu gelangen.
Da dieser Weg uns noch für Stunden vom Wasser trennen würde, wählten wir den Abstieg zur Schlucht. Während wir der Schlucht flussabwärts folgten, waren wir dem Wasser sehr nahe, wir sahen und hörten es, kamen aber nicht nahe genug um aus dem Fluss zu schöpfen. Während wir so dem Canyon folgten, rupften wir die prallen Beeren regelrecht von den Sträuchern, um etwas Feuchtigkeit in die ausgetrockneten Münder zu bekommen. Nach etwa einem Kilometer gelangten wir in ein breites Tal welches hüfthoch mit sehr dichtem Gesträuch bewachsen war. Endlich endete die Schlucht und wir konnten ohne Mühen an das eiskalte, klare Bergwasser. Kein Champagner schmeckte je besser.
Alle tranken davon, der Eine bedächtig, der Andere gierig, wir pausierten, dann wurde wieder getrunken.
Wir hatten uns sehr strapaziert aber wir lachten wieder, es ging uns gut. Wir waren sehr erschöpft und benötigten in spätestens einer Stunde einen Übernachtungsplatz. Wir fanden eine Stelle, an der mehrere mannshohe Felsbrocken das Flussbett umgaben, sie boten uns Deckung und hatten das Treibholz der Schneeschmelze aufgehalten. Ganze LKW – Ladungen trockenen Holzes aller Stärken standen uns als Brandholz zur Verfügung.
Der feuchte Boden und die große Distanz zum ausgetrockneten Wald, schlossen eine Waldbrandgefahr aus. Wir leisteten uns also ein sorgenfreies Campfeuer, sogar ein großes Campfeuer aber als ich mitten in der Nacht wach wurde, fuhr mir ein heftiger Schrecken in die Glieder. Die Flammen loderten fünf Meter hoch, ein ungewöhnliches Bild.
Achim und Detlef standen im Feuerschein und unterhielten sich. Dieser Umstand nahm dem Szenario seinen Schrecken. Die Männer wussten schließlich genau was sie taten. Als wir am nächsten Morgen frühstückten und den Haferschleim begierig aus den Blechtassen aßen, diskutierten wir noch die Geschehnisse des Vortages. Nach dem Frühstück besprachen wir unsere weitere Vorgehensweise.
Wir sahen einen weiter Süd – östlich verlaufenden Höhenrücken, dort bot sich eine weitere Einstiegsmöglichkeit in das Bergmassiv. Der Weg war länger als unsere gestrige Route aber ein Durchkommen wäre leichter realisierbar gewesen.
Ich votierte für diese Vorgehensweise aber niemand war ohne Blessuren geblieben, dementsprechend stieß mein Vorschlag auf wenig Begeisterung.
Wir beschlossen unseren zerschundenen Gliedmaßen einige Tage Regeneration zu gönnen und während dieser Zeit die bestmögliche Lösung zu finden. Den Rückweg zum Basiscamp empfanden wir als einen Spaziergang. Auf unseren freigeschlagenen Pfaden kamen wir gut voran.
Jo´s Machete blieb an seinem Rucksack. Der Erdrutsch und der Fluss wurden nun routiniert überquert. Als wir unser Basiscamp erreichten, humpelte unser dort verbliebener Geologe an einem Stock um die Kochstelle und bot uns seinen Kaffee an. Er erzählte von einem kürzlichen Bärenbesuch. Mein Terrier war ebenfalls im Camp geblieben und hatte die Zeit an einer langen Leine verbracht welche Willy um einen viermeterlangen, beindicken Balken gebunden hatte.
Als der Hund den Bären bemerkte, raste er auf diesen zu und schleppte den schweren Balken soweit hinterher, bis dieser sich im Gesträuch verfing. Das aggressive Gebell war dem Bären lästig und er suchte schnell das Weite. Alle hatten gelitten und waren strapaziert, ich bemerkte manche schmerzverzerrte Miene und resümierte, dass in den nächsten Tagen keine Begeisterung hinsichtlich eines weiteren Anlaufs zu erwarten wäre.
Jo und Achim waren die einzigen Unverletzten, ich suchte nach einer Möglichkeit unsere Mission zu dritt weiterzuführen.
Die wichtige Personalreserve fiel nun aus, also musste ich nach einer Risikominimierung für die verbliebenen Akteure suchen. Wie konnten wir zu unserem Ziel gelangen ohne uns durch die Kraxelei in dieser grünen Hölle oder oben am Gletscher, in Eis und Schnee, weiter zu gefährden?
Nach dreistündiger Fahrt kamen wir in den nächstgelegenen Ort. Duschen, Steaks und einige Six – Packs lösten die etwas angespannte Atmosphäre. Am nächsten Morgen hatten Manche das offensichtliche Bedürfnis, ihren Individualismus auf Kosten der kollektiven Zielsetzung etwas intensiver auszuleben. Unser Kameramann verschwendete Filmmaterial, um längere Zeit die Dorfschönheiten abzulichten. Unser Koch konnte sich sehr lange nicht von der Toilette lösen, obwohl das Team fast eine Stunde lang reisefertig wartete. Unser Geologe und Jo wurden vermisst.
Sie waren ohne Kenntnisgabe zu einem zweistündigen Bummel aufgebrochen. Achim war „shoppen“, er „musste“ eine kurze Hose kaufen. War das noch mein Team, wo blieb der gewohnte Enthusiasmus? Nun wurde Detlef ungehalten und mahnte wegen der verlorenen Zeit, ich versuchte auszugleichen. Ein schwieriges Unterfangen. Schließlich erreichten wir mit dreistündiger Verspätung das Gelände eines kleinen Helikopterunternehmens. Ich trug unsere Wünsche und unser Flugziel vor. Die freundliche Sekretärin nannte uns den Preis, sie wollte aber vor der verbindlichen Buchung noch die Zustimmung ihres Chefs abwarten. Dem bedächtigen Mann waren die Risiken zu groß, er wollte es nicht riskieren in dieser avisierten Wildnis Menschen abzusetzen.
Er befürchtete, dass wir dort zu Schaden kämen und die Behörden ihn nachträglich zur Verantwortung ziehen würden.
Unsere Argumente ließ er einfach nicht gelten und wir mussten seine Entscheidung akzeptieren. Ich telefonierte mit Rob Nicholson und er riet mir, eine andere Helikopterfirma zu kontaktieren. Rob kannte den Inhaber seit Jahrzehnten und sie pflegten eine alte, vertrauensvolle Freundschaft.
Rob kündigte dort unsere Wünsche und unser Erscheinen an. „Machinegun – Fred“ verdiente seinen respektablen Ruf. Sein Hangar und sein Werkstattboden waren so peinlich sauber wie man es von einem gepflegten Esstisch erwartet. Unseren Flugplan bezeichnete er als „very special“ und er, der Herr über etliche Helikopter und Piloten, wollte uns partout selber in das Zielgebiet fliegen. Zu dritt, Jo, Achim und ich, verstauten wir unsere Rucksäcke mit „kleinem Gepäck“, zwei Kletterseilen, zwei Gewehren und einer Filmkamera in den Laderaum unseres Helis. Fred hob den Heli auf spektakuläre Weise ab. Dabei hatte ich das Gefühl über meine rechte Schulter rückwärts abzurollen.
Der Rest unserer Crew stand am Hangar und sah uns hinterher. Wir flogen eine Stunde lang über graue, schroffe Berge. Als ich dieses Gebirge vor Jahren zum ersten Mal aus dem Fenster einer Linienmaschine sah, erinnerten mich die Schroffheit der Berge und ihre spitzen Gipfel an ein Haifischgebiss. Dort wo sie am höchsten waren, wo sie Schneekuppen und Gletscher trugen, dort mussten wir hin. Der „Jet – Ranger“ war stark, schnell und wendig. Die bisherige Flughöhe von 10000 Fuß reduzierte Fred auf wenige Meter. Wir jagten durch die engen Täler, huschten regelrecht knapp über die Pässe und stiegen erst unmittelbar vor den steilen Bergwänden wie mit einem Fahrstuhl, nur wesentlich schneller.
Ich zeigte unserem Piloten unseren Absetzplatz und wir vereinbarten, dass er uns in vier Stunden am gleichen Ort wieder aufnehmen soll. Wir sprangen aus dem Heli und suchten zunächst hinter den nächstliegenden Felsbrocken Deckung. Ich dachte an Robs Bemerkung über Friesen und fragte mich ob er bereits vor uns im Gold – Canyon ist. Wann erschien endlich Slumach´s „Geist“ wie Rob ihn hier angetroffen hatte? Seine Existenz war in diesem Moment ernsthaft gefährdet. Wir nahmen unsere Sachen auf und stürmten regelrecht durch einen Canyon bergan.
- + Teil 4
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Das enge Tal lag voller Basalt, es war ein scharfkantiges Geröllmaterial in allen erdenklichen Größen. Manche Brocken waren tonnenschwer und schaukelten wenn man sie betrat.
Wir kamen zu einem achtzig Meter breiten Schneefeld. Unter unserem Standort ging es etwa einhundert Meter abwärts und über uns ragte das leidige Schneefeld noch einhundert Meter hoch. Verdammt war das Ding steil. Ich rief nach einem Seil. Jo schüttelte den Kopf. Er hatte die Seile im Heli übersehen, wir hatten nun mal keine Seile. Ich war hochmotiviert, war regelrecht gierig und es gab keine Hindernisse welche mich so kurz vor dem Ziel zurückhalten konnten. Sicher hatte ich mächtigen Bammel vor diesem Schneefeld, das obligatorische Sicherungsseil fehlte, aber daran durfte doch nun, so kurz vor dem Ziel, das Vorhaben nicht scheitern. So trat ich in die Schneewand und trat mir hundertfach mit der linken Fußspitze Löcher in den oberflächlich verharschten Schnee, gerade so tief, dass mein linker Fuß und dann mein nachfolgender rechter Fuß darin Halt finden konnten.
Dabei stieß ich mein solides Expeditionsmesser über mir in den Schnee, die lange, breite Klinge setze ich quer und etwas schräg von oben, sie bot mir einen zusätzlichen Halt.
Die Mittagssonne beschien den Schneehang, ich durfte also nicht ausruhen, nicht stehenbleiben, denn die Sonnenbestrahlung erwärmte den Schnee und erhöhte damit die Gefahr, dass sich mein Untergrund löste. Der zähe Jo trat anschließend die Fußlöcher noch tiefer in den Hang sodass Achim seine Überquerung schnell und zügig absolvieren konnte. Ein ganzer Bergkamm funkelte uns im Sonnenlicht wie Gold entgegen.
Als wir mit den Messerspitzen das glänzende Metall aus dem Gestein brachen, stellten wir fest, dass es sich dabei um Pyrit, um „Katzengold“, handelte. Allerdings entsprach auch dieser Umstand den Schilderungen des „Stu“ Brown. Er hatte Rob im Gespräch beschrieben, dass in der Nähe „seiner“ Goldader ein Pyritberg sei.
Die Goldader sollte sich in einem Canyon befinden. Aufgrund der geologischen Besonderheiten dieses Canyons war er für uns nun leicht auffindbar. Wir mussten allerdings feststellen, dass eine vier Meter dicke Eisschicht den Zugriff auf das angeblich darunterliegende Gold verhinderte. Ich wusste, dass wir uns vier Wochen vor dem Zeitfenster des „Stu“ Brown befinden würden, er empfahl die zweite Septemberhälfte als günstigste Zeit, aber der vermeintliche Wettlauf mit Friesen hatte uns dazu bewogen, früher zu starten. Dass die Eisschicht derart stark war, hätten wir nie gedacht.
Wir hatten keine Zeit in enttäuschte Trübsinnigkeit zu verfallen oder die Umgebung zu genießen, wir mussten zurück.
Unser Abstieg dauerte etwas mehr als eine Stunde. Wir erreichten zeitgleich mit dem Helikopter den felsigen Kessel im Zentrum des Massivs. Als wir müde und erfolglos zurückkehrten, war bei Einigen eine negative Wesensänderung spürbar. Das Goldfieber hatte sie erfasst. Stu Brown wurde beschimpft, Rob Nicholson wurde beschimpft, und ich war sowieso Schuld an allem möglichen. Und dieses Gezeter wurde ausgerechnet von Leuten vorgebracht, welche auf Kosten anderer Teammitglieder an dieser Expedition teilnehmen durften.
Ich schlug vor, dass wir das Eisschmelzen abwarten und nach zwei Wochen einen weiteren Versuch unternehmen sollten. Mittlerweile hatte Rob mir eine Tonbandkasette mit der verbalen Wegbeschreibung „Stu“ Browns zukommen lassen. Stu argumentierte: “The longest way is the best way“! Somit erörterte ich, dass diese Route nicht allzu anstrengend sei, aber drei Leute gaben auf. Gewiss, da waren Blessuren und Verletzungen, waren dass tatsächlich die wahren Motive? Wir verblieben zu viert und genossen einige erholsame Tage am Ufer des Fraser.
Der Zug der Lachse hatte begonnen und wir sahen wie geschickt Indianer und Bären sich um diese delikaten Fische bemühten. Während Jo und ich das Camp und die nähere Umgebung nie verließen, waren Achim und Ochsy täglich mit dem Auto unterwegs und separierten sich immer mehr. Wir bemerkten sehr klar ihre abnehmende Motivation und die Distanz zur eigentlichen Zielsetzung. Schließlich wurde die geplante Tour auf „Stu“ Browns Route verweigert. Wie sich später herausstellte hatten die Beiden während ihrer Alleingänge gegen mich konspiriert.
Nun, da sie glaubten meinen Wissenstand vereinnahmt zu haben, versuchten sie höhere Gewinnanteile zu erlangen. Im Falle meiner Weigerung wollten sie im Folgejahr ohne mich, eine eigene Expedition organisieren. Und ob ich mich weigerte! Wusste ich doch um die Grenzen ihrer Fähigkeiten und ich behielt Recht, denn später zeigte sich, dass sie im Rahmen ihrer Zielsetzung nie über die Absichtserklärung hinausgelangt sind. Unserem Kameramann hatten wir die Leihgebühr für das Kameraequipment und sämtliches Verbrauchsmaterial bezahlt.
Er sollte unsere Zeit im Busch dokumentieren. Als wir nach Abschluss der Reise unsere Fotos bzw. Filme verlangten, erfuhren wir über Dritte, dass der Betrüger das Material bereits vor Reiseantritt, mit allen Rechten am Bild, hinter meinem Rücken verkauft hatte. Als ich ein gerettetes Video ins Netz stellte, sollte mich das anschließend, sehr ärgerliche, siebeneinhalbtausend Euro kosten, denn trotz aller vorgetragenen Gründe, besaß ich nicht mehr die Rechte am eigenen Bild. Der finanzierte Kameramann hatte uns alle vorgeführt und ich durfte schließlich unser Video nicht mehr veröffentlichen.
Detlef behielt mit seiner Prognose ebenfalls Recht, da er bereits vor Beginn unserer Expedition warnend zu bedenken gab, dass Habgier uns alles verderben könnte. In der Folgezeit analysierten Detlef und ich die fehlgeschlagene Expedition und bereiteten die Erneuerung unseres Vorhabens für das Folgejahr vor. Dann sollte ein professionelles Kamerateam, zwecks filmischer Begleitung der Expedition, in unsere Planung eingebunden werden.
Nach unserer Rückkehr begannen Detlef und ich sofort mit der Erkenntnisanalyse unserer Expedition und wir erstellten den Plan für das kommende Jahr. Mein Konzept sowie meine recherchierten Grundlagen erörterte ich mit einem Aachener Filmproduzenten, in der gemeinsamen Absicht, dass er im kommenden Jahr unsere Expedition filmisch begleiten und aus dem Material einen Dokumentarfilm erstellen würde.
Unser Vorhaben wurde schriftlich formuliert und dem ZDF zugesandt. Die anschließenden Gespräche mit dem zuständigen ZDF – Redakteur ergaben, dass von Seiten des Senders Interesse an dem geplanten Dokumentarfilm bestand. Schließlich kam es zu den entsprechenden Vertragsabschlüssen und die Zeit der intensiven Vorbereitungen begann.
Nachdem ich im Januar 2004 das Team neu besetzt hatte, ließ unsere personelle Konstellation nur wenig zu wünschen übrig, außer der Tatsache, dass Detlef wegen einer Knieverletzung nicht mitreisen konnte. Jo war wieder dabei, sein kontinuierlicher Arbeitseifer und sein ausgeprägter Teamgeist waren und blieben unverzichtbar.
- + Detlefs Tagebuch
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Detlefs Tagebuch
20/712.00 hAbfahrt nach Frankfurt. 7 Leute, 2 Hunde und das Gepäck in einem Fiat Ducato. Im Flughafen Probleme beim Einchecken, die Hundeboxen sind OK aber die Hunde dürfen nur mitfliegen, wenn in den Boxen Trinknäpfe sind. Die Zeit drängt. Ochsy saust zu McDonalds und fragt die Bedienung nach Salatschüsseln. Achim rennt zur gleichen Zeit gegenüberliegende Restaurant und nimmt einem Ehepaar das gerade fertig war, die Salatschüsseln weg. Aufgabe gelöst.
Mit den Waffen gibt es keine Probleme, die Leute gucken zwar etwas verdutzt, als im Röntgenbildschirm die Ballermänner zu sehen sind, aber niemand fragt nach Papieren. Drei Minuten vor Bordingschluß laufen Willi und Jo in aller Seelenruhe in den Duty Free Shop. Ochsy schießt los um sie zu holen. Alle Leute sitzen bereits im Flugzeug (Airbus A330), wir schaffen es in letzter Sekunde. Nach ca. 9 Stunden machen wir Zwischenstop in Calgary.
Boris will die Crews nicht ans Gepäck lassen und veranstaltet ein heftiges Palaver. Sein Bellen ist im Flugzeug zu hören und die Leute lachen. Nach einer Stunde Aufenthalt geht es weiter. Ankunft in Vancouver nach einer Flugstunde. Waffen und Tiere müssen durch die Special-Declaration-Abteilung. Nachdem alle Formalitäten erledigt sind, lassen die Beamten uns durch. Boris pinkelt noch schnell an eine Absperrstange und ein Zollbeamter macht Ochsy deswegen an. Anschließend fahren wir ins Hotel.
21/7
7.30 h. Alles aufstehen! Boris ist total aufgedreht und rennt durchs Zimmer, Rascha ist ruhig. Um die Mittagszeit gelingt es uns, einen Dodge Van zu kaufen. Der Wagen scheint mit den Leuten und dem Gepäck etwas überladen, aber es geht. Man könnte langsam fahren (theoretisch). Nach einigen Einkäufen fahren wir durch Vancouver. Es geht Richtung Whistler. In dem typisch kanadischen Roadhouse “Ninety Niners” essen wir gutes Lachs-Steak.Die Temperaturen sind jetzt einiges über 30°C, das trockene, pazifische Klima ist angenehm. Die Straße von Squamish nach Whistler wurde wegen Sprengarbeiten gesperrt, wir kommen 5 Minuten zu spät. Wir müssen zurück nach Squamish und übernachten in einer Absteige namens “August Jack”. Die Stimmung ist gereizt. Die ganze Etage riecht nach Captain Morgan weil Ochsy´s Feldflasche ausgelaufen ist.
22/7
Die Stimmung ist weiterhin angespannt. Alle nehmen ein Frühstück. (Eier, Würstchen, Schinken, Bratkartoffeln, Toast, Erdnußbutter, Kaffee). Anschließend Befestigung der Rucksäcke auf dem Van und Abfahrt Richtung Whistler. Heute fährt Jo. Achim war gestern zu schnell unterwegs. Da Whistler ein Touristennest ist, fahren wir direkt weiter nach Pemberton. Munition und Nahrung kaufen und weiter Richtung Terrarosa. Fahrerwechsel.Ochsy fährt die Logging-Road (Schotterpiste). Es kommen schnell fahrende Timbertrucks entgegen. Wir fahren am Lilloet Lake vorbei, Richtung Harrison Lake. Um 13 Uhr, nach wenigen Km auf der Logging-Road, platzt ein Reifen. Ochsy und Achim fahren zurück nach Pemberton um zusätzliche Ersatzreifen zu kaufen. Die Anderen machen sich, in der heißen Mittagssonne, zu Fuß auf den Weg Richtung Skookumchuk. Ein heißer, anstrengender Marsch. Nach 9 Km lesen uns Ochsy und Achim wieder auf und die Fahrt geht weiter Richtung Hot Springs.
Wir sehen zwei Fischotter, zwei Adler und einen Coyoten. Am Eingang zum North Sloquet Trail errichten wir das Camp. Bei den Millionen Mosquitos ist an schlafen kaum zu denken. Im Schlafsack ist es heiß und nicht auszuhalten. Ich ziehe zur langen Hose ein langärmeliges Hemd an und Handschuhe und versuche zu schlafen. Die Biester stechen durch die Kleidung. Das Mückenspray wirkt nur 15 Minuten. Die Wachen verlaufen ruhig.
23/7
Alles aufstehen! Die letzte Nachtwache hatte Tony. Achim backt Brot mit Rosinen. 6.45 h, der Aufstieg zum Terrarosa beginnt. Die ersten Km sind leicht zu bewältigen. Es liegt vereinzelt Bärenkot auf dem Boden (im Abstand von 150-200m). Hier kann passieren, dass ein Schwarzbär oder Grizzly aus dem Gebüsch kommt.Ich habe die Pumpgun mit Schrot und Slugs geladen, gehe voran. Bei teilweise 2 m Sichtweite ein mulmiges Gefühl. Wenn jetzt irgendwas aus dem Gebüsch springt, bleibt nicht viel Zeit zu schießen. Direkt hinter mir geht Tony mit der schweren Marlin, das beruhigt etwas. Die Spannung steigt. Am Ende des Trails beginnt der Urwald. Wir kommen kaum voran, weil extremer Wildwuchs uns behindert. Als wir nicht mehr weiter vorankommen, beschließen wir den Creek zu überqueren und hoffen, dass wir auf der anderen Seite des Tals besser vorankommen.
Jo rutscht und fällt in den Bach. Nach weiteren fünf Stunden Tortur (Ich kann kaum noch laufen, weil ich mittlerweile Blutergüsse und Blasen an den Füßen habe, Patrik verdreht sich das Fußgelenk, es schwillt sofort an), benötigen wir dringend Wasser. Jo und Willi steigen hinab zum Creek Wasser zu holen. Unser Sani Willi kann die Verantwortung für die Gesundheit der Leute nicht mehr übernehmen und drängt Tony zur Umkehr. Heftige Diskussionen.
Tony will unbedingt weiter. Jo stürzt mit Boris fast senkrecht in die Tiefe und kann sich gerade noch drehen, um einen Ast zu erwischen. Zum Glück gelingt ihm dies, sonst hätten wir ein Riesenproblem. Hier in dem extrem gefährlichen Gelände ist es kaum möglich einen Verletzten rauszubringen. Jetzt passieren wir ein Geröllfeld. Bei jedem Schritt muss man die Festigkeit des Steins prüfen, bevor man drauf tritt. Wenn sich ein Brocken löst, geht der ganze Hang ab. Durch die extreme und unübersichtliche Vegetation, ist die Gruppe plötzlich getrennt.
Achim, Tony, Willi und Jo haben sich bereits zum Wasser durchgeschlagen. Patrik, Ochsy und ich haben sie aus den Augen verloren. Auf die Rufe kommt keine Antwort. Das Rauschen eines Wasserfalls übertönt alle Geräusche. Achim und ich kommen gleichzeitig auf die Idee, die Funkgeräte auszupacken. Nach einigen (sehr langen) Sekunden, haben wir Kontakt und die Gruppe findet zusammen. Da es 16.30 h ist und der Rückmarsch nicht mehr möglich, beschließt Tony ein Notcamp einzurichten. Jo, Achim und Willi bauen aus einem angeschwemmten Baumstamm und dicken Steinen einen Übergang über den Creek. Die Strömung ist zu stark umso durch zu gehen.
Die gesamte Gruppe schafft es trocken den Fluss zu überqueren. Die Hunde müssen wir am Seil befestigt, über den Fluss ziehen, sonst würden sie in der reißenden Strömung ertrinken. Da die Vegetation ein Vorankommen unmöglich macht, müssen wir nach oben ausweichen. Nachdem wir den Wasserfall entlang hochgeklettert sind, haben wir endlich einen Einstieg in das flussabwärts liegende Gelände gefunden. Nach einer einstündigen Tortur, um ca. 150 m Geländegewinn zu erzielen, erreichen wir endlich den Hochwald.
Da das Gelände hier extrem steil ist und wir kaum Halt finden, müssen wir in einer Querrinne ausruhen. Die Kräfte sind erschöpft. Kurz vor Dunkelheit haben wir ein Not-Camp eingerichtet. Wegen der extremen Brandgefahr können wir kein Feuer machen. Da wir noch auf ca. 1000 m Höhe sind, ist die Nacht sehr kalt und für die meisten schlaflos. In der Nacht bemerke ich ein Rascheln neben mir, etwas streift meinen linken Arm. Ich vermute eine Schlange und meine rechte Hand sucht schon nach dem Messer. Aber es stellt sich heraus, dass Boris friert und verzweifelt nach Wärme sucht. Ich nehme den kleinen Kerl in den Arm um ihn zu wärmen. Die Nachtwache verläuft ruhig.
24/7
5.30 h. Alles aufstehen! Frühstück aus Nüssen Haferflocken, getrocknetes Obst, Gebirgswasser, fettes Milchpulver und getrockneten Bananen. Nun macht sich die 9-monatige Vorbereitungszeit in den Ardennen bemerkbar. Trotz der Verletzungen (Ich habe Blasen und Blutergüsse an beiden Füßen, Patrik ein geschwollenes Fußgelenk, Tony beide Schienbeine total kaputt, Willi ein verdrehtes und angeschwollenes Knie, Ochsy Rückenschmerzen…) reißt sich das Team zusammen und kämpft sich den Weg ins Basiscamp frei.Die 30-40 Moskitostiche, die jeder hat, sind da dagegen eher eine Lappalie, obwohl der ganze Körper juckt. Um 14.30 h ist das Basiscamp erreicht aber der Tag noch lange nicht zu Ende. Der Weg führt uns nach Port Douglas, wo wir etwas zu essen erhoffen, außerdem muss Tony mit Rob Nicholson und Mineworks telefonieren. In Port Douglas treffen wir nur einen tuntenhaften Indianer mit blonder Perücke und zwei auffallend gut gepflegten Jagdhunden, der uns einlädt bei ihm zu essen, aber die Sache ist uns doch zu heikel.
Wir wollen weiter nach Pemberton. Ca. 60 Km vor unserem Ziel platzt erneut ein Reifen. Die Leute sind sehr still, die Stimmung ist bedrückend. Wir sehen drei Schwarzbären, haben aber keine Zeit und keinen Nerv zu filmen. Es handelt sich um eine Mutter mit zwei Jungen, da sollte man vorsichtig sein. Langsam fahren wir weiter und hoffen dass die Autoreifen halten und nichts passiert. Ochsy wird müde und Tony übernimmt das Steuer. Nach einigen Stunden haben wir es endlich geschafft. Im einzigen Hotel der Stadt lassen wir uns nieder.
25/7
Beim Frühstück erläutert Tony den weiteren Plan. Ochsy, Tony und Patrick fahren nach Kelowna um Rob Nicholson zu treffen. Außerdem brauchen wir dringend eine alternative Route zum Terrarosa. Friesen wird heute Abend bei Nicholson sein, sodass wir noch Vorsprung haben. Willi kümmert sich um die Wäsche, Achim und Jo laufen (2 x 11 Km) um ein weiteres Reserverad zu besorgen. Auf dem Hinweg sehen sie ein Mountain-Bike liegen.Als dieses Mountain-Bike auf dem Rückweg noch da liegt, zieht Achim es aus dem Graben. Dann setzt sich Achim auf den Lenker und Jo fährt die beiden zum Hotel. Ich soll für Mineworks die Geschehnisse schriftlich festhalten und die Verletzung an meinem Fuß auskurieren. Um 23.25 h ruft Ochsy an. Die drei bleiben über Nacht in Kelowna. Die Gespräche mit Rob waren positiv. Einzelheiten am nächsten Tag. Die vier in Pemberton Verbliebenen beschließen früh schlafen zu gehen, um am nächsten Morgen möglichst fit zu sein. OK, wir waren dann noch kurz im Steakhouse.
26/7
Wir sitzen beim Frühstück als Ochsy erneut anruft. Slumach`s Fluch scheint seine Wirkung nicht zu verfehlen, ein neues Hindernis, ein Knüppel nach dem anderen wird uns in den Weg geworfen. Jetzt ist der Zündschlüssel des Dodge abgebrochen. Wir entscheiden, eine Zimmerbuchung zu verlängern um, weiterhin uns und unsere Sachen deponieren zu können. Damit wir die Zeit sinnvoll nutzen, versucht Willi eine kanadische Prepaid-Karte für Achims Handy zu bekommen. Achim und ich gehen zum Internet-Café. Jo bleibt im Zimmer und bewacht die Sachen.Das Internet-Café hat Samstag/Sonntag geschlossen. In einem Buchladen lässt man uns an das Internet-Terminal (1 Stunde für 8,- $) aber es ist wie verhext. Auf dem Rechner sind kein Texteditor und keine andere Software. Es ist ein Internet-Terminal, man hat nur Zugriff auf einen Browser. Wir können Mails abrufen und eine Mail schreiben. Am Nachmittag gegen 17.00 h treffen die Kelowna-Leute ein. Als nächstes informiert uns Tony wie es in Kelowna gelaufen ist. Da es ziemlich spät ist, beschließen wir eine weitere Nacht im Hotel zu bleiben und morgen früh aufzubrechen.
27/7
5.30 h Alles aufstehen! Gemeinsames Frühstück. Gegen 8 Uhr macht sich die erste Gruppe auf den Weg zum Basiscamp, in der Nähe von Hot Springs. Es muss in zwei Gruppen gefahren werden, da unser Auto das gesamte Gewicht nicht gleichzeitig über die extrem schlechten Schotterpisten transportieren kann.Bei Ankunft errichtet Tony das Camp, während Achim und Jo den Rest des Tages dazu verwenden, eine andere Route auszukundschaften. Ochsy fährt zurück nach Pemberton um mich, Willi und Patrik, sowie das restliche Gepäck zu holen. Um 15.30 h kommt Ochsy. Wir freuen uns schon, dass er so schnell zurück ist aber leider zu früh. Das Auto steht auf der Brücke am Ende des Lilloeet Lake. Auf dem Rückweg hat der Dodge dort das Getriebeöl verloren.
Ein Holländer der hier lebt hat Ochsy hergefahren. Der Typ ist sehr nett und hilfsbereit. Ich hebe Geld ab und fahre mit den Beiden zum Homestore um Dichtungen, Schmirgelpapier und Öl zu kaufen. Am Auto angelangt, versuchen wir die Ölwanne zu flicken, was aber nur teilweise gelingt. Während Ochsy am Auto arbeitet habe ich die Pumpgun geladen und passe auf, dass uns nichts überrascht. Durch eine Verkleinerung des Lochs (Hammer drauf, und Dichtungsmasse rein) und das ständige Nachfüllen mit 4 Litern Öl, schaffen wir die Rückfahrt. Die drei Leute im Camp werden sich nun Sorgen machen,wir haben keine Möglichkeit zur Kommunikation. Morgen um 8 Uhr werden wir die Sachen packen und die Ölwanne schweißen lassen. Die Zeit drängt und Friesen sitzt uns im Nacken.
28/7
Die Stimmung ist sehr angespannt. Der Typ der die Ölwanne schweißen will, kann erst gegen 13 Uhr. Nach einigen Einkäufen machen wir uns auf zur Werkstatt um die Ölwanne schweißen zu lassen, was aber nicht gelingt. Wir montieren die Reserve – Ölwanne, die Ochsy vom Schrottplatz geholt hat. Als wir einige Stunden später am Basiscamp eintreffen ist die Erleichterung groß. Tony hat sich die größten Sorgen gemacht.Achim und Jo haben bereits ein Viertel der Route aufgeklärt und teilweise den Weg mit der Machete frei gemacht.29/7 Nach einer weiteren mückenbelasteten Nacht, mit wenig Schlaf, machen wir uns um 6.30 h auf den Weg zum Terrarosa. Willi kann mit seinem kaputten Knie nicht mit und bleibt mit beiden Hunden und einer Waffe im Camp. Die ersten Km kommen wir gut vorwärts. Nach einem gefährlichen Geröllfeld, wo ich nur widerwillig hindurch gehe entscheiden wir, den Creek zu überqueren. An anderer Seite scheint ein alter Trail zu verlaufen. Den Trail rauf geht es ein paar Km gut voran.
Wieder müssen wir überqueren, weil wir hier nicht weiterkommen. Eine alte, kaputte Brücke zeigt uns, dass wir richtig sind, dass der Trail auf der anderen Seite weiterführt. Am Ende des Trails (ca. 30% der Gesamtstrecke) geht dannnichts mehr. Mit einem derartig schweren Gelände hatte niemand gerechnet. Selbst Tony hatte sich das Gelände etwas erträglicher gedacht. Wir haben schon länger nichts Trinkbares mehr. Nach einigen Km wildesten Dschungels, hören wir einen Wasserfall und sind zuerst einmal sehr erleichtert. Wir sind alle sehr durstig. Die Aussicht auf Wasser gibt uns neue Kraft.
Wir kämpfen uns einen steilen Berghang hinauf Richtung Wasser. Da muss irgendwo ein Creek den Berg runter kommen, es kann nicht mehr weit. Doch wie es so im Leben ist, kommt es erstens anders, und zweitens als man denkt. 50 m vor dem Wasser ist eine tiefe Schlucht. Wir versuchen den Wassersack abzuseilen, aber das Wasser ist zu weit weg. Dann versuchen wir uns weiter den Hang hinauf zu kämpfen und die Schlucht zu umgehen, das Gelände wird steiler und die Kräfte schwinden immer mehr. Langsam wird mir mulmig. Die Situation ist gefährlich.
Ich versuche mit Patrik und Jo den Berg rauf zu kommen um Wasser zu holen. Wir lassen die Rucksäcke zurück. Nach 50 Metern wird mir schwarz vor Augen, der Kreislauf will nicht mehr. Die Anderen hängen alle im Hang und kommen nicht weiter. Patrik und Jo versuchen es alleine und ich gehe wieder zurück zu Tony und den anderen. Die Jungs sehen schlimm aus. Es wird höchste Zeit. Jetzt hängen wir schon seit 4 Stunden hier im Hang. Die Füße sind total kaputt. Der Rücken vom Rucksack wundgescheuert. Nach 30 Minuten erreiche ich über das Funkgerät Patrik. Sie sind 300 m weiter oben und die Schlucht ist noch immer nicht zu überqueren.
Das Gelände wird noch steiler und sie beschließen umzukehren. Die einzige Chance die uns bleibt, ist zurück in Richtung Tal. Wir müssen zum Wasser, sonst verreckt hier noch jemand. Zum Glück haben die Bären für uns vereinzelte Himbeeren übrig gelassen, das gibt uns wenigstens ein wenig Flüssigkeit. Nach einer mehrstündigen Tortur schaffen wir es kurz vor Dunkelheit, an den Creek zu kommen. Wir stellen fest, dass Wasser mehr wert ist als alles Gold der Erde. Auf einer Insel im Creek richten wir dann ein Notcamp ein. Die meisten sind so fertig, dass sie direkt einpennen, trotz der Millionen Mosquitos.
30/7
Total zerstochen machen wir uns früh auf den beschwerlichen Weg zurück ins Tal. Der zweite Versuch ist gescheitert. Wir kommen diesen verdammten Berg einfach nicht rauf. Damit ich einigermaßen laufen kann, ziehe ich zwei Paar Socken übereinander an und binde die Schuhe so fest ich kann. Wir müssen ein paar Mal durch den Creek und bekommen nasse Füße. Nach ein paar Stunden ist die Quälerei vorüber.Willi macht Kaffee mit Rum für alle und wir liegen zuerst einmal flach. Gegen diese Strapazen die ich hier erlebt habe, waren die Gewaltmärsche bei der belgischen Armee eher Spaziergänge. Willi erzählt von seiner Begegnung mit einem Schwarzbären. Am Vortag gegen 19 Uhr saß er am Feuer, als er ein Knacken hörte. Dann sah er ein paar Meter entfernt einen Schwarzbär im Gebüsch sitzen. Durch die ungünstige Windrichtung hatte der Bär das Essen gerochen aber die Hunde konnten den Bären nicht wittern. Außerdem hatten die Hunde keinen Sichtkontakt, da das Auto dazwischen stand.
Zuerst versuchte Willi den Bären durch Steinwürfe zu vertreiben. Den Bären kümmerte das aber nicht weiter. Willi nahm die Doppelflinte und schoss seinen Warnschuss dicht über den Bären hinweg. Dieser ergriff die Flucht. Boris, der an einem Holz befestigt war, fegte samt Holz hinter dem Bären her. Schade, dass Willi keine Kamera hatte. Nach einem Stündchen Pause hatten wir es wieder eilig. Wir wollten zurück nach Pemberton und den dritten Versuch planen. Trotz der angeschlagenen Gesundheit, dachte niemand an Aufgeben.
31/7
Wir beschließen den dritten Versuch mit dem Helikopter anzugehen. Das kostet zwar, aber wir wissen nicht wo unser Konkurrent Friesen ist und wollen nichts riskieren. Friesen will die lange Route über den Fire Lake gehen und dafür mindestens drei Tage länger brauchen als wir. Wenn das Gelände ähnlich ist wie hier, wird er niemals sein Ziel erreichen. Wir suchen uns eine Stelle um im Wald zu übernachten. Die Mosquitos lassen grüßen.Tony versucht mehrmals Rob Nicholson anzurufen, damit dieser einen Helikopterflug bei seinem Kumpel aushandeln kann. Die Anrufversuche bringen nichts, wir beschließen Nahrungsmittel einzukaufen und uns in den Wald zu verziehen. Tony versucht nachher noch einmal sein Glück… Ich liege auf dem Rücken und sehe mir den Sternenhimmel an, der hier um einiges eindrucksvoller ist als bei uns. Die Mosquitos hindern mich am Schlaf. Ochsy und Achim haben deshalb das Zelt aufgebaut. Irgendwann wird es hell und die Augen brennen. Dann penne ich halt nachher im Auto, denke ich mir.
01/8
Tony hat gestern Abend noch mit Rob telefonieren können. Sein Freund hat keinen Helikopter frei. Sie sind im Einsatz um Waldbrände zu bekämpfen. Die Stimmung ist schlecht. So langsam könnte mal etwas klappen. Wir fahren zum nächsten Flugplatz, zu der ansässigen Helikopter-Company. Dort erfahren wir dann, dass das Ministerium alle Landungen im Provincial Park untersagt. Nur der Überflug ist gestattet.Eigentlich wundert sich niemand mehr darüber. Tony versucht mit Rob und/oder dem Heli- Piloten zu telefonieren. Dann kommt wieder Hoffnung auf. Tony hat einen Flugtermin für morgen früh 11 Uhr bekommen. Rob hat lange mit dem Piloten geredet, dieser hat auf das Landeverbot gepfiffen. Nun ja, aber zuerst müssen wir uns auf die Socken machen und die 260 Km zum Hangar fahren. Ein gutes Stück, da wir wegen der kaputten Straßen am Harrison Lake den Weg über Vancouver machen müssen. Die Fahrt ist anstrengend und es ist heiß. Als wir abends ankommen, finden wir erst nach längerer Suche einen Platz wo wir campieren können.
02/8
Um 7 Uhr werden wir von Tony geweckt. Wir sind alle so fertig, dass wir trotz der Mosquitos einigermaßen pennen können. Mein Gesicht sieht aus wie ein Streuselkuchen. Ich schätze dass ich am ganzen Körper mittlerweile um die 50-60 Stiche habe. Meine linke Hand ist auch geschwollen, die Fingergelenke schmerzen. Mein linker Fuß ist ebenfalls angeschwollen. Ich habe sicher zu viel Gift im Körper. Ich kann nicht verstehen, warum es diese Bestien so auf mich abgesehen haben, die Anderen haben viel weniger Einstiche. Vielleicht bin ich zu süß?Nach dem Frühstück machen wir uns auf zum Hangar. Der Pilot kommt er aus dem Büro und begrüßt uns herzlich. Ein netter Mensch und vor Allem sehr erfahren. Nach einem Gespräch mit Ochsy und Tony haben wir dann die Gewissheit, dass der Flug klar geht. Da aber nur ein Helikopter zur Verfügung steht, können nur drei Leute mitfliegen. Als da wären Tony und die beiden, noch relativ gesunden Leute, Achim und J o. Der Pilot erklärt uns den Helikopter und dann fliegen die Jungs los. Ich stehe mit Ochsy ganz nah am Heli. 5 m vom Helikopter weg, bekommt man jede Frisur trocken. Willi versucht den Goldgehalt im Fraser River zu bestimmen und kommt zu dem Ergebnis dass es sich hier nicht lohnt zu waschen. Um 17.00 h ruft Achim an. Wir sollen sie abholen. Dann erfahren wir, dass sie es bis zum Ziel geschafft haben aber dass über der vermuteten Stelle noch mehr als 3 Meter Eis und Schnee liegen.
Das kann man wohl nicht so einfach schnell freischaufeln. Immerhin haben die Drei doch fantastische Aufnahmen gemacht (Achim hatte die Kamera mitgenommen), bei dem angeblichen Gold handelt es sich um Material, dass in der Sonne wie Gold aussieht. Willi identifiziert es als Pyrit. Wir nehmen an, dass Brown das Zeug falsch identifiziert hat. Allerdings stellt sich nach einem Telefonat mit Rob heraus, dass dieser sehr wohl über das Pyrit Bescheid weiß. Er behauptet, das Gold liegt in dem gewissen Graben. Aber wir können zur Zeit nicht ran.
Gegen Abend kommen wir zur “Sasquatch Inn”, von der Tony erzählt hatte. Wir wollen nur ein Bier trinken, der Laden gefällt uns auf Anhieb. Ein Bier nach dem anderen wird vernichtet und wir bestellen prima Steak, Pommes und Salat für 5 Dollar! Aus der alten Musikbox kommt super Musik, die Stimmung ist ist gut. Ochsy und Willi spielen Pool, die Anderen relaxen und reden mit Einheimischen. Da es hier billige Zimmer gibt, beschließen wir zu bleiben.
03/8
Tony hat im Badezimmer die größte Kakerlake gekillt, die ich je gesehen habe. Man könnte das Ding glatt grillen! Nach dem Frühstück fahren wir Richtung Pitt Lake. Der abgestürzte Bomber steht auf dem Programm und wir wollen den Spindle Canyon untersuchen. Willi glaubt hier Gold zu finden.Nach einigen Stunden müssen wir umkehren. Der eingezeichnete Weg existiert nur teilweise. Es gibt keinerlei Alternativroute, von hier hätten wir drei heftige Tagesmärsche hin und drei zurück. Keine Chance mit kaputten Füßen. Unsere Stimmung wird mies. Wir fahren Richtung Harrison Mills um dort einen Schlafplatz zu finden.
Es ist problematisch, dass Feuer untersagt sind. Wir nisten uns wieder im Sasquatch Inn ein. Tony hat beschlossen, in der nächsten Woche über die lange Fire Lake Route, den Gletscher hinauf zu gehen und den Graben freizulegen. Willi, Patrik und ich können hier nicht viel Sinnvolles tun. Unser Gesundheitszustand würde die mehrtägige Fire Lake Route nicht verkraften. Wir Drei beschließen nach Hause zu fliegen.