Mein Messer
In den Achtzigern habe ich beinahe jährlich 3 Monate bei einem Trapper in B.C. verbracht. Dabei wurden meine Messer derartig stark beansprucht, dass etliche in Einzelteile zerfielen oder die haltbareren Messer wenig geeignet waren für den dortigen, täglichen Gebrauch an allen erdenklichen Pelztieren sowie auch für dauernde Bushcraft – Erfordernisse.
Meine Arbeiten sollten dabei schnell und sorgfältig sein, da nur ein falscher Schnitt den Pelz als nicht auktionsfähig deklassierte. Diese Arbeiten fanden dort statt, wo das Stück Wild gerade umfiel bzw. gefunden wurde, also mitten im wildesten Busch. Etwa `87 / `88 war ich das Leid und erstellte mir einen Anforderungskatalog für ein neues Messer. Nachdem ich 12 Punkte aufgelistet hatte, begann ich mit der Skizze und nach etlichen Entwürfen hatte ich mein Messer und ließ es von einem Werkzeugmacher fertigen. Nachdem mein Prototyp einige Male im trauten Personenkreis gezeigt wurde, nervte mich ein Unternehmensberater mit seinem Ratschlag, das Messer der Solinger Industrie vorzustellen.
Nach meiner anfänglichen Ablehnung kam es dann doch so und ich erhielt meinen ersten Tantiemenvertrag. Das heutige GEK 2000 verfügt über einen weitaus besseren Stahl als die ehemalige Puma – Variante aber damals kannte ich mich bez. Stahl noch nicht so gut aus und habe mich nach den Ratschlägen des Fabrikanten gerichtet.
Das GEK 2000 ist nach wie vor mein „Arbeitstier“, ich arbeite immer noch mit meinem Prototypen von 2008. Das Messer bekommt aber auch überhaupt nichts geschenkt und hat mich bis Dato nie enttäuscht.
Als ich 1989 mein erstes GEK konzipierte wollte ich auf solide Weise eine Lücke schließen um eigene Erfordernisse abzudecken also wählte ich die m.E. bestmögliche Klingenlänge von 17,5 cm für meinen Allrounder. Dabei wollte ich keine Kompromisse eingehen u. keine zwei Messer ( groß + klein) mitschleppen, denn wenn man im Bush arbeitet u. in Bergen herumläuft, dann prägt sich jede vermeidbare Belastung ein. Und wenn heutzutage behauptet wird, die Klinge sei für die gängigen Arbeiten zu lang, dann behaupte ich, dass diesem Menschen wohl der Wille zueigen ist aber die seriöse Erfahrung fehlt.
Ich muß mit dem Messer kompromisslos draußen essen + arbeiten können.
Und was dieses „können“ anbetrifft habe ich manchmal erhebliche Zweifel wenn ich die „Experten“ höre u. lese. Wer von denen hat denn unter Mosquitowolken, im knietiefen Sumpf mal einen Elch mit seinem Messer zerlegt. Bären unter Zeitdruck geskinnt, so dass die Decke auktionswürdig blieb, d.h. mit Lefzen u. evtl. Augenlidern. Morgens wird Feuerholz für das Frühstück mit dem Messer zugerichtet. Dazu benötige ich kein Beil, das Gewicht erspare ich mir, sondern nehme je nach Erfordernis ein Schlagholz zu Hilfe, damit bin ich gelegentlich auch schneller fertig als mit einem Beil aber darauf möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Ich habe nie ein Zelt mitgeschleppt, damit habe ich Transportgewicht gespart.
Mein Unterkommen fand ich unter einem Shelter aus einer Plane, z.T. auch für 8 Personen aber als alternatives Zeltgestänge benötigte ich manchmal einige daumendicke Stöcke u. wenn diese nicht zu finden sind, dann muss ich nehmen was sich findet also bis zur Armdicke und das alles sehr zügig. Da ich auf dem Campfeuer umkippende Kessel nicht mag, hänge ich diese prinzipiell an einem Dreibaum, welchen ich oben mittels seiner Forken zusammenlege, damit erspare ich zweifelhafte Bindungen u. spare Schnur. Diese gegabelten Stöcke schlage ich mit meinem Messer aus dem nächsten oder übernächsten Strauch.
Gerade diese, auf Erfahrung basierende Praxisbezogenheit macht die Vielseitigkeit dieses Messer aus.
Das stilistische Ergebnis ist nur die resultierende Konsequenz.Sicher würden oder werden viele Designer eine derartige, auf ihre Arbeiten bezogene Feststellung nicht zulassen, da die künstlerische Dominanz für sie zu ihren Ergebnissen führt und die Anwendungspraxis meistens in abstrakter Ferne liegt aber gerade ein solches, aus praktischer Erfahrung gewonnenes Ergebnis, kann sich wirklich langfristig behaupten und eine bislang Fünfundzwanzigjährige GEK – Aktualität sind eine vorzeigbare Bestätigung.
Das Messer sollte vorne einen Skinner – Bogen erhalten, keine Fehlschärfe od.
Ricasso sondern wie beim Fleischermesser od. dem finn. Puukko eine Schärfe, welche bis zum Griffstück reicht. Eine Clippoint – Spitze welche leicht penetriert aber ein Optimum an Stabilität mitbringt. Einen einseitigen, untenliegenden Parierschutz damit mein Daumen, wenn nötig, eine solide Auflage findet, eine Schlagfläche am Messerknauf um durch Hammerschläge das Messer durch große Widerstände zu treiben, ein durchbrochenes Griffstück um potenzielle Schadstellen zu vermeiden und eine störungsfreie Besfestigungsmöglichkeit habe. Das waren in etwa meine damaligen Überlegungen.
Mit einer 12 cm Klinge tue ich mich draussen schwer, weil meine Erfordernisse nicht an den Bushcraft – Erfordernissen vorbeigehen, nur weil es dann der deutschen Rechtssprechung gefällt.
Physikalische Erfordernisse werden glücklicherweise noch nicht von der Politik bestimmt. Aufgrund der Nachfrage habe ich seinerzeit das GEK 2000 – EDC entworfen. Mein GEK 2000 – Prototyp wurde von Eickhorn gefertigt und gehörte zur ersten Kleinserie, mein Messer wurde nur nicht nummeriert. Es sollten durch hohe Beanspruchungen ggf. Schäden entstehen, um daraus Erkenntnisse für die weitere Fertigungsmethodik zu gewinnen aber ich habe nie Schäden festgestellt.
Never change a winning team. Auch wenn ich mich um das Bowiemesser redlich bemüht habe, so lege ich deshalb keineswegs mein GEK 2000 aus der Hand.
Das Messer nutze ich beinahe täglich und habe mich zu sehr an die Ergonomie sowie auch an die multiplen Eigenschaften gewöhnt. Mit jedem „neuen“ Messer würden diese positiven Erfahrungen beinahe wertlos und Mann + Messer müssten sich wieder aneinander gewöhnen, d.h. eingeschränkte Leistungsfähigkeit und höherer Gefährdungsgrad, also lasse ich es so wie es ist.
Wenn man tatsächlichen Bedarf an einem robusten Allroundmesser hat, wird das GEK 2000, in der praktischen Anwendung schnell überzeugen.
Wenn Jemand das GEK 2000 für seine Sammlung haben möchte, so ist der Entschluss ebenfalls richtig, da das Messer unbestreitbar zum Klassiker avancierte. Dieses Messer ist für mich hinsichtlich seiner Einsatzvielfalt, momentan nicht verbesserbar, ansonsten wäre eine Änderung bereits erfolgt.
Während der vergangenen vier Tage war ich mit einer Seminargruppe Draussen.
Natürlich führten die Leute alle erdenklichen Messerexemplare mit aber ich betrachtete es bereits als Normalvorgang, dass mein GEK 2000 andauernd von den einzelnen Teilnehmern ausgeliehen wurde, weil sie mit ihren Messern schnell an die Grenzen des Machbaren stießen. Das war ein Bushcraftseminar mit Allem was dazugehört und physikalische Gesetze u. Erfordernisse sind dabei unumstösslich, egal was ein § 42a dazu meint oder irgendwelche Messertrends praxisferner Schöngeister.